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Diagnostik in Minuten

Entzündungswerte aus dem Spektrometer

Die Diagnostik von Blutproben, insbesondere die Analyse von Akute-Phase-Proteinen, spielt eine zentrale Rolle für die Diagnose von Entzündungsprozessen in unserem Körper. Die genaue Analyse dieser Proteine kann Aufschluss über den Ablauf entzündlicher Vorgänge geben und so zur Früherkennung und Behandlung verschiedener Erkrankungen, wie Krebs oder auch chronisch entzündlicher Erkrankungen beitragen.

Prof. Ulrich L. Günther, Leiter des Instituts für Chemie und Metabolomik der Universität zu Lübeck, hat gemeinsam mit weiteren Forschenden aus Norddeutschland eine auf Kernspinresonanz basierende Technologie für eine schnelle und effiziente Analyse mehrerer Akut-Phase-Entzündungsproteine im Blut entwickelt, die zum Patent angemeldet ist. Der Fachartikel ist in der Zeitschrift Angewandte Chemie erschienen.

Glykoproteine sind Proteine, an die Zuckermoleküle, sogenannte Glykane, gebunden sind. Sie spielen eine wichtige Rolle bei verschiedenen biologischen Prozessen im Körper und Veränderungen können als Biomarker für entzündliche Prozesse wie Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs dienen. Die Analyse dieser Glykoproteine aus dem Blut ist, wie in anderen komplexen Körperflüssigkeiten, schwierig und aufwendig. Die Untersuchung solcher Zuckermoleküle gehört zu dem Bereich der Metabolomik, die sich mit der Erforschung der Gesamtheit aller kleinen Moleküle eines Organismus beschäftigt. Das Team um Ulrich L. Günther und Alvaro Mallagaray vom Institut für Chemie und Metabolomik der Universität zu Lübeck nutzt fortgeschrittene NMR-Techniken, um das Metabolom von Zellen und Organismen mit Krankheiten in Verbindung zu bringen.

Die NMR-Spektroskopie (NMR = nuclear magnetic resonance) basiert auf unterschiedlichem Verhalten magnetisch aktiver Atomkerne innerhalb eines starken Magnetfeldes, vergleichbar mit der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT). In dieser Studie gelang es den Forschenden mithilfe verschiedener NMR-Verfahren, wie der sogenannten diffusionseditierten NMR, spezifische Akut-Phase-Glykoproteine nachzuweisen und widersprechen damit Theorien aus vorigen Studien. „Dass Glykoproteine wichtige Biomarker darstellen, war lange bekannt. Die bisherigen Messmethoden sind jedoch sehr aufwendig“, erklärt Prof. Ulrich Günther, Leiter des Instituts für Chemie und Metabolomik und Letztautor der Studie. „Mittels unseres auch zum Patent angemeldeten NMR-Verfahrens konnten wir simultan mehrere Akute-Phase-Entzündungsproteine in Blutserum erfassen. In nur 10 bis 20 Minuten erhält man eine NMR-Signatur der Metabolomik mit signifikantem diagnostischen Potenzial.“

Das Team der Universitäten zu Lübeck und Oldenburg, der Universitätsklinika Greifswald und Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, des Herzzentrums Lübeck sowie des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (Greifswald und Lübeck) konnte dies am Beispiel von Serumproben von Patienten mit COVID-19 bzw. mit kardiogenem Schock, einer gefährlichen Begleiterscheinung z.B. von Herzinfarkten, zeigen. Im Vergleich zu Gesunden fanden sie signifikante Änderungen bei verschiedenen spezifischen Akute-Phase-Proteinen in den Blutproben. Die Autoren der Studie möchten das neue Verfahren auch zur Diagnose weiterer Entzündungskrankheiten und Krebserkrankungen anwenden.

Originalveröffentlichung:

Mallagaray, A., Rudolph, L., Lindloge, M., Mölbitz, J., Thomsen, H., Schmelter, F., Alhabash, M. W., Abdullah, M. R., Saraei, R., Ehlers, M., Graf, T., Sina, C., Petersmann, A., Nauck, M., Günther, U. L., Angew. Chem. Int. Ed. 2023, e202306154. doi.org/10.1002/anie.202306154