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Multiple Sklerose

Primär progressive MS: Nicht nur schneller als sonstige Multiple Sklerose, sondern anders

Original Titel:
Cerebrospinal fluid immunoglobulins in primary progressive multiple sclerosis are pathogenic

Kurz & fundiert

  • Primär progressive Multiple Sklerose (PPMS): Schneller als sonstige MS oder ganz anders?
  • Tiermodell mit Mäusen
  • Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) von PPMS Patienten
  • Patienten-Liquor löst PPMS im Tiermodell aus
  • IgG-Antikörper als Auslöser identifiziert: Antikörper-Entfernung unterbindet Rückenmarks-Pathologie
  • Gezielte Therapieansätze für PPMS denkbar

 

DGP – Eine neue Untersuchung zeigt im Tiermodell, dass die klinischen und pathologischen Aspekte der primär progressiven Multiple Sklerose (PPMS) antikörpervermittelt sind. Die Krankheitsprozesse und deren Entstehung, schließen die Autoren, unterscheiden sich von der schubförmig-remittierenden und der sekundär progressiven MS. Die Ergebnisse deuten zudem auf die Möglichkeit, eine gezielte Therapie spezifisch für PPMS zu entwickeln.


Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung, die meist durch Schübe (Rückfälle) mit entzündlichen Schädigungen der Myelinschicht von Nervenzellen und Remissionen (symptomfreie Phasen) gekennzeichnet ist. Diese Form der schubförmig-remittierenden MS (relapsing-remitting multiple sclerosis, RRMS) kann sich mit der Zeit in eine fortschreitende Form der Erkrankung, sekundär progressive MS (SPMS), entwickeln. Manche Patienten weisen hingegen bereits zu Beginn Symptome einer fortschreitenden Erkrankung auf. Ob diese primär progressive MS (PPMS), RRMS und SPMS Formen einer einzigen Erkrankung darstellen, oder ob es grundlegende Unterschiede zwischen speziell SPMS und PPMS gibt, ist bislang nicht klar.

Primär progressive MS: Schneller als sonstige Multiple Sklerose oder ganz anders?

Wissenschaftler untersuchten dies nun anhand eines Tiermodells mit Mäusen. Labormäuse erhielten Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) von Patienten mit primär progressiver MS. Dies führte zu zunehmenden motorischen Beeinträchtigungen der Tiere und damit einhergehend Schädigungen des Rückenmarks. Die Wissenschaftler beobachteten sowohl die Schädigung der schützenden Myelinschicht an den Nervenzellfortsätzen (Axone), also eine Demyelinisierung, als auch eine gestörte Reparatur der Myelinschicht (gestörte Remyelinisierung), eine reaktive Astrogliose (Einwandern des Zelltyps Astrozyten aufgrund der Schädigung) und Schädigung der Axone.

Patienten-Liquor löst PPMS im Tiermodell aus, Antikörper-Entfernung dämpft Rückenmarks-Pathologie

Wurden spezifische Arten von Antikörpern (Immunoglobulin G) aus dem Liquor mittels Filtration oder Immundepletion entfernt, reduzierte dies den schädigenden Effekt auf die Tiere. Injektion von rekombinanten Antikörpern auf Basis des Liquors von Patienten mit primär progressiver MS, also von neu geschaffenen PPMS-typischen Antikörpern, startete die pathologischen Prozesse wiederum.

Chance für spezifische Therapie der primär progredienten MS – klarer Unterschied zu RRMS und SPMS

Der direkte Vergleich der krankheitsfördernden Effekte von Liquor unterschiedlicher MS-Typen zeigte, dass PPMS eine antikörpervermittelte Autoimmunerkrankung ist, die sich von RRMS und SPMS deutlich unterscheidet. Da bei PPMS Antikörper im Liquor ein toxisches Umfeld schaffen, das zur Demyelinisierung, Schädigung von Axonen und neurologischen Störungen führt, könnten Behandlungsstrategien wie Stammzelltransplantation weniger effektiv bei PPMS sein als bei anderen MS-Formen. Hingegen könnte eine spezifisch entwickelte Behandlungsstrategie, die gezielt Antikörper entfernt, vielversprechender sein, schließen die Autoren.
Die Untersuchung demonstriert, als Proof-of-Concept, dass die selektive Entfernung von Antikörpern aus dem Liquor mittels Filtration oder Immundepletion einen therapeutischen Ansatz für PPMS darstellt.

 

 

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