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Neuer Wirkstoff zur Behandlung der Tuberkulose

Eine aktuelle klinische Studie zeigt, dass Ganfeborol ein vielversprechender Kandidat für eine sichere und effektive Behandlung der Lungentuberkulose sein könnte. Anhand mikrobiologischer Untersuchung und innovativer bildgebender Verfahren konnte ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von DZIF-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum die Wirksamkeit dieses neuartigen Wirkstoffs belegen und den Weg für weitere klinische Erprobungen ebnen. Die Ergebnisse wurden nun in der renommierten Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlicht.

Durch die Zunahme von Arzneimittelresistenzen wird die Behandlung der Tuberkulose (TB), der am häufigsten zum Tod führenden bakteriellen Infektionskrankheit weltweit, zunehmend schwieriger. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden weltweit nur 60 Prozent der Patientinnen und Patienten mit einer multiresistenten Tuberkulose erfolgreich behandelt. In den letzten Jahren traten zudem immer häufiger Tuberkulose-Stämme auf, die gegen alle verfügbaren Medikamente resistent waren. Neue Medikamente werden daher dringend benötigt.

Bevor neue Kandidaten-Medikamente für die Behandlung von Tuberkulosepatienten zugelassen werden können, müssen sie eine Reihe von Entwicklungsphasen der klinischen Erprobung durchlaufen. Ein wichtiger Schritt ist die Dokumentation der sogenannten frühen bakterizide Aktivität (engl.: early bactericidal activity, EBA), bei der in 14-tägiger Therapie die Wirksamkeit eines Arzneimittelkandidaten an Tuberkuloseerkrankten getestet wird. Wenn ein Medikament eine ausreichende frühe bakterizide Wirkung zeigt und die Anzahl der Bakterien in dieser ersten Behandlungsphase erfolgreich reduziert wird, folgen umfangreicher klinische Studien, um seine Wirksamkeit, Sicherheit und Effektivität bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten zu untersuchen.

Die klinische Tuberkuloseeinheit des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF ClinTB) am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum ist seit 10 Jahren an der Durchführung dieser EBA-Studien als Partner für die Biomarker-entwicklung und -analysen beteiligt und konnte nun – gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen – zeigen, dass der neuartige Wirkstoff Ganfeborol klinische Aktivitäten in Patientinnen und Patienten zeigt. Ganfeborol zählt zu einer neuen Klasse von Antibiotika, den sogenannten „Leucyl-tRNA Synthetase Inhibitoren“, die die Neubildung wichtiger Proteine in den Bakterien verhindert und somit das Wachstum der Krankheitserreger hemmt.

Neben den mikrobiologischen Untersuchungen zur Wirksamkeit von Ganfeborol auf das Wachstum von Tuberkulosebakterien wurden in dieser Studie erstmalig innovative bildgebende Verfahren, sogenannte PET/CTs, eingesetzt. Mit diesem Verfahren, welches bisher erfolgreich in der Tumordiagnostik eingesetzt wird, können schon minimale Entzündungen und Zellveränderungen, die durch die Bakterien hervorgerufen werden, sichtbar gemacht werden. Die Ergebnisse der PET/CTs wurden mit umfangreichen molekularbiologischen Untersuchungen von RNA-Kopien der Erbsubstanz der Tuberkulosepatienten in deren Blut verglichen. „Wir haben mittels der RNA-Analyse eine Assoziation zwischen der Aktivität einer bestimmten Zellpopulation im menschlichen Körper und der Dosierung von Ganfeborol entdeckt. Diesen Zusammenhang findet man ebenfalls in Analysen der PET/CT Bilder. Unsere Ergebnisse können erklären, wie Veränderungen in der Bildgebung der Lungenentzündung bei der Tuberkulose durch den Einfluss von Medikamenten auf die Stoffwechselaktivität verursacht werden,“ sagt Dr. Maja Reimann von der Forschergruppe Klinische Infektiologie in Borstel.  Durch das hier eingesetzte Verfahren konnte die Wirksamkeit des Medikaments auf das Lungengewebe frühzeitig visualisiert werden und könnte in Zukunft ein wichtiges Werkzeug bei der klinischen Erprobung neuer Wirkstoffe und bei der Entwicklung von Biomarkern darstellen.

Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ganfeborol werden nun in der nächsten Stufe der klinischen Erprobung untersucht. In der sogenannten PARADIGM4TB Studie, an der das DZIF-Team aus dem Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum federführend beteiligt ist, erhalten Patientinnen und Patienten in Asien, Europa, Afrika und Südamerika Ganfeborol zusammen mit anderen Antibiotika, um die beste Kombination für eine Behandlung der Tuberkulose zu ermitteln.

Über das Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum

Das Forschungszentrum Borstel ist das Lungenforschungszentrum der Leibniz-Gemeinschaft. Im Fokus stehen chronisch-entzündliche Lungenerkrankungen wie Asthma, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Allergien, sowie Tuberkulose und andere infektionsbedingte Entzündungen der Lunge. Das übergeordnete Ziel der interdisziplinären Forschungsaktivitäten ist, die Ursachen und Mechanismen chronisch-entzündlicher und degenerativer Erkrankungen der Lunge aufzuklären, um daraus neue innovative Konzepte zu deren Diagnostik, Prävention und Therapie abzuleiten. Das Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum ist eine Mitgliedseinrichtung des Deutschen Zentrums für Infektionskrankheiten (DZIF).

Quelle: Pressemitteilung des Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum

Publikationen zum Thema

FEBR. 2024
NAT MED
A first-in-class leucyl-tRNA synthetase inhibitor, ganfeborole, for rifampicin-susceptible tuberculosis: a phase 2a open-label, randomized trial
Diacon AH et al.
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