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Reiseimpfungen bei Autoimmunerkrankungen – was und wann?
Hybrid-Pressekonferenz anlässlich des 26. Forums Reisen und Gesundheit des CRM Centrum für Reisemedizin, 7. März 2025, 10 Uhr
Einfluss von Grunderkrankung und Medikation
Düsseldorf/Berlin – Menschen, die an einer Autoimmunerkrankung leiden, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko. Daher wird ihnen ein möglichst vollständiger Impfschutz empfohlen. Aber nicht jede Impfung ist jederzeit geeignet für Betroffene, deren Immunsystem nicht nur durch die Grunderkrankung, sondern auch durch immunmodulierende Medikamente beeinträchtigt ist. Wie sich notwendige Impfungen trotzdem sicher und effektiv verabreichen lassen, ist ein Thema auf der Hybrid-Pressekonferenz, die das CRM Centrum für Reisemedizin anlässlich des 26. Forums Reisen und Gesundheit am 7. März 2025 veranstaltet.
Autoimmunerkrankungen haben in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Laut Kassendaten ist mindestens jede*r Zwölfte von Erkrankungen wie einer Hashimoto-Thyreoiditis, Zöliakie, Autoimmunhepatitis oder einer rheumatischen Erkrankung betroffen. Gemeinsam ist diesen und anderen Autoimmunerkrankungen, dass sie mit einer Dysbalance des Immunsystems einhergehen, mit übersteigerten Entzündungsreaktionen und Angriffen gegen körpereigenes Gewebe. „Bereits diese immunologische Schieflage sorgt dafür, dass die Betroffenen ein erhöhtes Infektionsrisiko haben“, sagt Professorin Dr. med. Martina Prelog von der Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg. Auch die häufig notwendige immunmodulatorische Medikation setzt die Immunfunktion herab, sodass das Infektionsrisiko im Vergleich zu Gesunden um rund 2- bis 4-mal erhöht ist und unter bestimmten Therapien für gewisse Infektionserreger auf das 20-Fache ansteigen kann.
Infektprävention durch Impfungen
Ein umfassender Impfschutz ist daher bei Autoimmunpatientinnen und -patienten besonders wichtig. Doch ist nicht jede Impfung zu jedem Zeitpunkt möglich und sinnvoll. „Bei der Impfentscheidung gilt es, sowohl die Art und Aktivität der Grunderkrankung als auch mögliche Begleiterkrankungen und die aktuelle Medikation zu berücksichtigen“, erläutert Prelog. Idealerweise werde der Impfschutz noch vor Beginn der immunmodulatorischen Therapie komplettiert. Wichtig seien dabei neben den Standardimpfungen auch die besonders für Risikogruppen empfohlenen Indikationsimpfungen, etwa gegen Pneumokokken, Influenza, RSV, COVID-19 und Herpes zoster.
Reisen frühzeitig planen
Eine besondere Herausforderung stellen Reiseimpfungen dar, da oft nur eine begrenzte Zeit bis zur Abreise zur Verfügung steht. „Dank der hochwirksamen Biologika-Therapien sind viele Autoimmunerkrankte heute weitgehend beschwerdefrei und haben Lust zu reisen“, sagt Prelog. Das sei eine erfreuliche Entwicklung – dennoch sollte das erhöhte Infektionsrisiko dabei nicht aus den Augen verloren werden. Reisen sollten daher frühzeitig geplant und mit dem betreuenden Arzt besprochen werden.
(Fast) kein Problem: Totimpfstoffe
Ob Reise- oder Standardimpfung: Meist handelt es sich dabei um Totimpfstoffe, die keine replikationsfähigen Krankheitserreger enthalten und deshalb auch für Menschen mit beeinträchtigter Immunfunktion sicher sind. „Eine Impfung mit einem Totimpfstoff ist immer möglich“, versichert Prelog. Allerdings baue sich der Impfschutz unter Immunmodulation oftmals langsamer auf, bleibe gegebenenfalls geringer und halte kürzer an. Je nach Medikation und Impfstoff werden daher zusätzliche Impfdosen und/oder eine Überprüfung des Antikörpertiters empfohlen.
Lebendimpfstoffe: Auf das Timing kommt es an
Replikationsfähige Impferreger sollten unter immunmodulierender oder immunsuppressiver Medikation prinzipiell nicht verabreicht werden, da eine übermäßige Vermehrung und Ausbreitung im Körper nicht ausgeschlossen werden können. „Wenn möglich sollten Lebendimpfungen daher immer vor Beginn der medikamentösen Therapie abgeschlossen sein“, rät Prelog. Wenn die Therapie aber schon begonnen hat, sollten Phasen mit niedrig dosierter Immunsuppression oder Einnahmepausen in stabilen Krankheitsphasen für die Impfungen genutzt werden.
Länder mit Gelbfieberrisiko vermeiden
Für die meisten Reiseimpfungen gibt es einen Totimpfstoff als Alternative zum Lebendimpfstoff. Unter den in Deutschland empfohlenen Impfungen sind nur die Masern-Mumps-Röteln- und die Windpocken-Impfung ausschließlich als Lebendimpfstoff verfügbar. Bei den Reiseimpfungen gilt die Gelbfieber-Impfung als größte Hürde – denn auch sie gibt es nur als Lebendimpfstoff, der zudem eine sehr hohe Replikationsfähigkeit aufweist und unter Immunsuppression kontraindiziert ist. Ausnahmen sind nur bei niedrig dosierter Medikation und strenger Nutzen-Risiko-Abwägung möglich. Menschen mit eingeschränkter Immunfunktion rät Prelog daher, gut zu überlegen, ob ihre Traumreise sie wirklich in ein Land mit hohem Gelbfieberrisiko führen muss, selbst wenn man durch Verhaltensmaßnahmen das Stechrisiko durch die Gelbfieber übertragenden Mücken vermindern kann.
Ausgewählte Reiseimpfungen und ihre Besonderheiten bei Autoimmunerkrankungen
- Gelbfieber: nur als Lebendimpfstoff mit hoher Replikationsaktivität verfügbar. Bei Immunsuppression kontraindiziert, da die Gefahr einer schweren Erkrankung besteht. Ausnahmen nur bei niedrig dosierter Medikation und nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung.
- Typhus, Cholera: Orale Lebendimpfstoffe sollten besonders bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen vermieden werden. Ausweichen auf Totimpfstoffe möglich.
- Japan-B-Enzephalitis: hohes Erkrankungsrisiko für immunsupprimierte Patienten. Guter Schutz durch Totimpfstoff, der problemlos verabreicht werden kann.
- Hepatitis A: sicherer Totimpfstoff. Doppelte Impfdosis oder Wiederholungsimpfung nach 4 Wochen empfohlen, da Wirksamkeit unter Immunsuppression herabgesetzt ist.
- Influenza: bei Reisen in die Tropen ganzjährig relevant. Totimpfstoff, der sicher angewendet werden kann.
- Tollwut, FSME: sichere Totimpfstoffe. Aufgrund herabgesetzter Wirksamkeit unter Immunsuppression werden jedoch zusätzliche Impfdosen empfohlen.
Quellen:
Akmatov MK, Holstiege J, Dammertz L, Kohring C, Müller D. Entwicklung der Prävalenz diagnostizierter Autoimmunerkrankungen im Zeitraum 2012–2022. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 24/05. Berlin 2024 > https://doi.org/10.20364/VA-24.05)
Hybrid-Pressekonferenz des CRM Centrum für Reisemedizin anlässlich des 26. Forums Reisen und Gesundheit
„Reisen in die Amerikas“
Termin: Freitag, 7. März 2025, 10.00 bis 11.00 Uhr
Ort: Hotel nhow Berlin, Stralauer Allee 3, 10245 Berlin, Raum: Music-Hall 4
Anmeldung zur Hybrid-Pressekonferenz vor Ort: über untenstehende Kontaktdaten
Link zur Anmeldung für die Hybrid-Pressekonferenz: https://attendee.gotowebinar.com/register/7210553719320104031
Themen und Referierende:
„Reisen in die Amerikas“ – Highlights des 26. Forums Reisen und Gesundheit
Prof. Dr. med. Tomas Jelinek
Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf;
Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin; Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin e. V. (DFR)
Fast vergessen, aber immer noch sehr lebendig: Chagas
Prof. Dr. med. Thomas Zoller
Forschungsgruppenleiter Tropical Medicine and International Health, Fächerverbund Infektiologie, Pneumologie und Intensivmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin
Neue Therapieansätze bei der Flugangst – oder: Was hilft gegen Flugangst?
Dr. med. Udo Wortelboer
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Frankfurt
Prävention unter Therapie mit neuen Immunmodulantien: wann kann ich was wem impfen?
Prof. Dr. med. Martina Prelog, M.Sc.
Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg
Allgemeine Weltseuchenlage und Reiseimpfungen: Was gibt es Neues?
Prof. Dr. med. Tomas Jelinek
Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf;
Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin;
Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin e. V. (DFR)
Moderation: Pressestelle CRM, Stuttgart
26. Forum Reisen und Gesundheit „Reisen in die Amerikas“
Termin: 07. und 08.03.2025
Ort: Hotel nhow Berlin, Stralauer Allee 3, 10245 Berlin und online