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Warum alternde Eizellen DNA-Schäden schlechter reparieren können
Eizellen brauchen Durchhaltevermögen: Bereits vor der Geburt werden sie im Körper einer Frau angelegt und müssen sich dann über Jahrzehnte bereithalten, um möglicherweise eines Tages befruchtet zu werden. Doch mit zunehmendem Alter häufen sich mehr DNA-Schäden in Eizellen an. Bislang war unklar, warum die zelleigenen Reparaturmechanismen diese Schäden nicht beseitigen. Forschende um Melina Schuh und Ninadini Sharma vom Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften haben jetzt in Versuchen an Mäusen gezeigt, dass ältere Eizellen ihre DNA weniger effizient reparieren als junge Eizellen und dass die Reparatur mit zunehmendem Alter fehleranfälliger wird.
Eine Maus-Eizelle stößt einen sogenannten Polkörper aus. Dieser wichtige Schritt in der Meiose stellt sicher, dass die Eizelle einen einfachen Chromosomensatz enthält. Chromosomen sind in Magenta gefärbt, der Spindelapparat, der die Chromosomenpaare trennt, ist in Grün dargestellt.
Reparatur ineffizienter und fehleranfälliger
Ein Forschungsteam um Melina Schuh, Leiterin der Abteilung Meiose am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften hat jetzt junge und alternde Eizellen hinsichtlich ihrer DNA-Schäden und DNA-Reparaturmaschinerie miteinander verglichen. Mithilfe von hochauflösender Fluoreszenzmikroskopie ermittelte das Team die Menge an DNA-Schäden in unterschiedlich alten Eizellen von Mäusen, kartierte wichtige Reparaturproteine im Zellkern und analysierte, wie sich ihre Aktivität und ihr Zusammenspiel mit dem Alter verändern. „Die Reparatur in älteren Eizellen ist ineffizienter. Sie verläuft nicht nur langsamer, sondern teilweise auch unvollständig“, sagt Schuh. DNA-Schäden häufen sich so in der Zelle an.
Reparatur-Netzwerk im Wandel
Um die Reparaturmaschinerie von Eizellen besser zu verstehen, erstellte das Forschungsteam eine „Karte“ der wichtigsten Reparaturproteine im Zellkern der Eizelle. Die Karte zeigte, dass sich DNA-Reparaturproteine in bestimmten Bereichen des Zellkerns befinden. „Diese Bereiche sind miteinander vernetzt oder liegen eng beieinander – ein Hinweis auf eine koordinierte Anordnung und Aktivität“, erklärt Ninadini Sharma, ehemalige Doktorandin in Schuhs Abteilung und Erstautorin der im Fachmagazin Current Biology veröffentlichten Studie.
Aber: „Die Bereiche und ihre Aktivität verändern sich stark mit dem Alter, zum Beispiel wie häufig Reparaturproteine in welchen Bereichen zu finden sind und wie sie auf DNA-Schäden reagieren“, ergänzt Sharma. Fehleranfällige Reparaturwege werden häufiger genutzt, während fehlerfreie Wege an Effizienz verlieren.
Cohesin-Verlust weiterer Faktor
Neben diesen Veränderungen identifizierten die Forschenden einen weiteren Grund für die zunehmenden Schäden in gealterten Eizellen: Die Menge des Proteins Cohesin nimmt mit zunehmendem Alter der Mutter ab. Cohesin hält Schwesterchromosomen zusammen, bis sie bereit sind, sich während der Zellteilung zu trennen. Fehlendes Cohesin führt daher zu Fehlern bei der Chromosomentrennung. Gleichzeitig ist das Protein für die DNA-Reparatur unerlässlich: Wenn beispielsweise ein DNA-Strang gebrochen ist, sorgt es dafür, dass der beschädigte Teil mithilfe eines intakten DNA-Strangs als Vorlage repariert werden kann.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass allein das Fehlen von Cohesin zu mehr DNA-Schäden in Eizellen führt, und zwar nicht nur bei alternden Zellen. „Interessanterweise zeigten junge Eizellen ohne Cohesin teilweise ähnliche Proteinveränderungen und DNA-Schäden wie ältere Eizellen“, berichtet Schuh. „Offenbar befeuert nicht nur die langsamere, fehleranfälligere Reparaturmaschinerie, sondern auch der Cohesin-Rückgang im Alter das Absterben der Eizellen.“
Originalveröffentlichung
Sharma, N.; Coticchio, G.; Borini, A.; Tachibana, K.; Nasmyth, K. A.; & Schuh, M.
Changes in DNA repair compartments and cohesin loss promote DNA damage accumulation in aged oocytes
Current Biology, 21. Oktober 2024
Source
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