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Hepatitis E-Virus von Ratten kann in Einzelfällen auch Menschen infizieren – ein neuer Zoonose-Erreger?
Symposium zu lebensmittelassoziierten Viren am BfR
Darum geht es:
Hepatitis-Viren können eine Entzündung der Leber auslösen. Von den fünf bedeutendsten Virustypen A, B, C, D und E verursachen allein die letztgenannten Hepatitis E-Viren (HEV) weltweit jährlich geschätzt 20 Millionen Infektionen beim Menschen. Erst seit wenigen Jahren ist allerdings bekannt, dass sich Menschen auch mit einer Hepatitis E-Virus-Variante anstecken können, die üblicherweise in Ratten vorkommt. Nach Berichten von Einzelfällen, vor allem aus Hongkong und Spanien, wurde nun auch eine erste Infektion mit Ratten-HEV bei einem Patienten aus Deutschland beschrieben. „Wie die Virus-Übertragung erfolgt, ist bisher weitgehend unklar“, sagt Professor Reimar Johne, Leiter der Fachgruppe Viren in Lebensmitteln am BfR. „Die Untersuchungsergebnisse legen allerdings nahe, dass Ratten-HEV als neuer zoonotischer Krankheitserreger in Deutschland und Mitteleuropa in Betracht gezogen werden muss“. Den aktuellen Wissensstand zu Ratten-HEV sowie neue Erkenntnisse zur Verbreitung und Übertragung des Erregers werden Forschende auf dem 6. BfR-Symposium „Lebensmittel-assoziierte Viren“ vorstellen. Neben HEV stehen weitere Viren, vor allem solche, die auch über den Verzehr von Lebensmitteln übertragen werden, auf dem Programm der Veranstaltung. Darunter fallen bekannte Lebensmittel-assoziierte Viren wie die hochansteckenden Noroviren oder Hepatitis A-Viren. Aber auch mögliche Risiken durch die Übertragung anderer Viren werden diskutiert, zum Beispiel der noch vergleichsweise wenig erforschten gastrointestinalen Adenoviren oder der Influenza-Viren, Auslöser der momentan wieder kursierenden Vogelgrippe. Über aktuelle Erkenntnisse zu diesen Erregern werden Expertinnen und Experten in drei Themenblöcken informieren: „Grundlagen“, „Nachweismethoden“ sowie „Hygiene, Inaktivierung und Bewertung“. Das Symposium findet am 27. November in Berlin am BfR-Standort Marienfelde statt und richtet sich an Interessierte aus wissenschaftlichen Einrichtungen sowie von Untersuchungsämtern und Überwachungsbehörden im deutschsprachigen Raum. Journalistinnen und Journalisten sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.
Virusbedingte Erkrankungen, die auf den Verzehr kontaminierter Lebensmittel zurückgehen, werden häufig von humanen Noroviren hervorgerufen oder von Hepatitis A-Viren, die vor allem auf gefrorenen Beerenfrüchten und in Muscheln nachgewiesen werden. Dem gegenüber werden Hepatitis E-Viren in erster Linie beim Verzehr von nicht ausreichend erhitzten Fleischprodukten von Schweinen und Wildtieren übertragen. Jährlich werden in Deutschland über 4.000 Hepatitis E-Fälle gemeldet, bei denen eine solche zoonotische Übertragung – also eine direkte oder indirekte Übertragung von Tieren auf Menschen – angenommen wird. Leitgedanke des Symposiums ist bei allen thematisierten Erregern die Frage, wie diese effektiv nachgewiesen und inaktiviert werden können und wie sich ihre Übertragung verhindern lässt. Fachlich eröffnet wird der Tag mit einem Überblick über aktuelle Entwicklungen bei Erkrankungen des Menschen durch Lebensmittel-assoziierte Viren in Deutschland. In einem weiteren Vortrag geht es um die Vogelgrippe und das Vorkommen des Erregers in Milchvieh. Dahinter steht die Frage, ob eine Übertragung der Influenzaviren über den Verzehr von Milch- und Milchprodukten infizierter Kühe möglich ist.
Ob Ratten-HEV über Lebensmittel übertragen werden kann, ist eine noch relativ neue Forschungsfrage. Der Erreger wurde erstmals im Jahr 2010 von einer Arbeitsgruppe um Prof. Johne in wildlebenden Wanderratten nachgewiesen. Während Experten zunächst annahmen, dass dieses Virus ausschließlich Ratten befällt, ist heute klar, dass es auch in anderen Tieren vorkommen kann. Seit 2018 ist bekannt, dass sich in Einzelfällen auch der Mensch damit infizieren und infolgedessen eine akute oder chronische Leberentzündung (Hepatitis) ausbilden kann. Zumindest in Berlin scheint das Virus dauerhaft in wildlebenden Ratten zu zirkulieren, wie Prof. Johne, Hauptorganisator des Symposiums, basierend auf eigenen Untersuchungsergebnissen erläutern wird. Johne gehört zu dem Forschungsteam, das auch die erste Ratten-HEV-Infektion bei einem Menschen in Deutschland nachgewiesen hat. Ob der Erreger direkt von der Ratte bzw. bei Kontakt mit ihren Ausscheidungen auf den Menschen übertragen wird oder wie andere Hepatitis E-Viren indirekt über den Zwischenwirt Schwein und daraus hergestellte Lebensmittel, ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Als eine wesentliche Voraussetzung für die Untersuchung der Erreger und seiner Übertragungswege haben Forschende am BfR getestet, in welchen Zellkultursystemen sich unterschiedliche Hepatitis E-Viren überhaupt vermehren und studieren lassen. Die Ergebnisse werden in einem weiteren Vortrag auf dem Symposium vorgestellt.
Als virale Erreger, über deren Übertragung über Lebensmittel noch vergleichsweise wenig bekannt ist, stehen auch die Adenoviren auf dem Tagungsprogramm. Diese werden ähnlich wie die Noroviren fäkal-oral übertragen, ihre Bedeutung im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Infektionen ist allerdings unklar, auch weil entsprechende Verfahren zum Nachweis des Erregers in Lebensmitteln bisher fehlten. Eine am BfR neu entwickelte und inzwischen auch zusammen mit mehreren anderen Laboren validierte Nachweismethode wird auf dem Symposium vorgestellt.
Für Journalistinnen und Journalisten besteht die Möglichkeit, an der Konferenz teilzunehmen, online und vor Ort. Bitte wenden Sie sich bei Interesse an pressestelle@bfr.bund.de.
Das vollständige Programm sowie Informationen zur Anmeldung finden Sie hier: https://www.bfr-akademie.de/deutsch/veranstaltungen/viren2025.html