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Hörscreening direkt im Bürgeramt – Pilotprojekt testet Alltagstauglichkeit: „Regelmäßig das Hören testen, weil‘s wichtig ist“
Ein innovatives Forschungsprojekt führender HNO-Universitätskliniken untersucht die Machbarkeit eines Hörscreenings für Erwachsene – direkt vor Ort im Amt. Unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Uwe Baumann, Universitätsmedizin Frankfurt, Prof. Dr. Anke Lesinski-Schiedat, Medizinische Hochschule Hannover, und Prof. Dr. Christiane Völter, Katholisches Klinikum Bochum, Ruhr-Universität Bochum, startet im November 2025 eine deutschlandweit einzigartige Studie.
Eine Hörminderung gehört weltweit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Sie bleibt aber bei Erwachsenen oft jahrzehntelang unentdeckt, weil eine Hörschwäche häufig durch eine erhöhte Konzentration, das laute Sprechen des Partners oder die Vermeidung von Gesprächen kompensiert wird. Das kann auf Dauer Leistungsfähigkeit und Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Studien zeigen, dass unerkannte Hörprobleme zu sozialer Isolation, beruflichen Einschränkungen und einem erhöhten Risiko für kognitive Beeinträchtigungen führen können.
Mit zunehmendem Alter bemerken immer mehr Menschen selbst, dass ihr Gehör schlechter wird. Bei den über 70-Jährigen gibt etwa ein Drittel – 32 Prozent – an, eine Hörminderung zu haben. Allerdings scheint die tatsächliche Anzahl der Betroffenen mit Hörproblemen deutlich höher zu liegen. Viele Menschen bemerken ihre Hörminderung entweder nicht oder messen ihr keine Bedeutung bei. Eine aktuelle, langfristig angelegte Studie aus Finnland hat beispielsweise gezeigt, dass über die Hälfte – 52 Prozent – der männlichen Probanden, die älter als 60 Jahre waren, tatsächlich eine messbare Hörschädigung von mindestens 35 dB HL (Dezibel Hearing Level) auf dem schlechteren Ohr aufwiesen. Die Forschung legt also nahe, dass die Dunkelziffer der Personen mit Hörproblemen doppelt so hoch ist wie die bekannte. Prof. Uwe Baumann, Leiter der Studie, betont die elementare Bedeutung proaktiver Hörvorsorge: „Regelmäßig das Hören testen, weil‘s wichtig ist“, so der Appell an die Öffentlichkeit, die eigene Hörgesundheit nicht zu vernachlässigen.
Von der WHO empfohlen: in Frankfurt, Hannover und Bochum getestet
Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt bereits seit längerer Zeit regelmäßige Hörtests für Erwachsene, um Schwerhörigkeit frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig Gegenmaßnahmen wie Hörgeräteversorgung oder therapeutische Maßnahmen einzuleiten. Dennoch fehlt es in Deutschland und auch in den anderen europäischen Ländern bislang an einem strukturierten Hörscreening-Angebot.
Daher startet nun eine Studie, deren Ziel es ist, die Machbarkeit und Akzeptanz eines einfachen, kostenlosen Hörscreenings für Erwachsene in Bürgerämtern zu testen.
Die Idee dabei ist, Hörscreenings in den alltäglichen Verwaltungsabläufen, zum Beispiel bei der Verlängerung des Personalausweises, der Anmeldung des Wohnsitzes oder der Beantragung von Sozialleistungen, einfach und niederschwellig anzubieten. Bürgerämter ermöglichen zudem den Zugang zu einem breiten Spektrum von Erwachsenen unterschiedlicher Altersgruppen und Hintergründe.
Von November 2025 bis Februar 2026 wird an drei Standorten – Frankfurt, Hannover und Bochum – Besuchern von Bürgerämtern diese Untersuchung kostenlos angeboten. In Frankfurt konzentriert sich das Angebot auf das Zentrale Bürgeramt. Das Vorhaben wird durch die Stiftung zur Hör- und Sprachförderung Friedberg gefördert.
Bei erfolgreichem Abschluss könnte die Studie als Modell für nationale Programme dienen, um die gesundheitliche Versorgung und Prävention im Bereich Hörgesundheit zu verbessern.