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Darmkrebszellen in den Zelltod treiben

Forscherinnen und Forscher des Universitätsklinikum Frankfurt konnten einen neuen Mechanismus entschlüsseln, wie Darmkrebszellen dem Zelltod entkommen. Das Enzym Transglutaminase 2 ist in Darmkrebszellen besonders aktiv und hemmt den Tumorsuppressor p53. Die direkte Bindung von Transglutaminase 2 an p53 blockiert dessen Funktion. Durch die Erkenntnis eröffnen sich neue Behandlungsmöglichkeiten, wenn es gelingt, die Wirkung von Transglutaminase 2 zu hemmen.

Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen. Mehr als 25.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland an Darmkrebs. Obwohl sich die Heilungschancen in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, fehlt es in vielen Fällen an wirkungsvollen Therapien. Neue Medikamente werden dringend benötigt, um mehr Menschen mit dieser Erkrankung zu helfen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Ärztinnen und Ärzten der Medizinischen Klinik 2 und der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Frankfurt ist es in enger Zusammenarbeit gelungen, ein neues Zielmolekül für die Behandlung von Darmkrebs zu identifizieren: das Enzym Transglutaminase 2. „Transglutaminase 2 hat die Eigenschaft, unterschiedliche Proteine in und außerhalb der Zellen miteinander zu koppeln. Wir konnten zeigen, dass Transglutaminase 2 und dessen Aktivität in Darmkrebszellen erhöht ist, und dass es maßgeblich das Überleben von Darmkrebszellen fördert. Wenn wir Transglutaminase 2 blockieren oder ausschalten, sterben die Krebszellen ab“, erläutert Dr. Patrizia Malkomes, Fachärztin für Viszeralchirurgie und Erstautorin der Studie, die im Juni 2021 in dem Fachjournal Oncogene erschienen ist.

Zielmolekül für die Krebstherapie

In der Studie konnten die Forscher nachweisen, dass Transglutaminase 2 ein wichtiger Überlebensfaktor für Darmkrebszellen ist – und damit ein interessantes Zielmolekül für die Krebstherapie. „Wir konnten durch modernste hochauflösende Mikroskopie zeigen, dass Transglutaminase 2 die Funktion eines Proteins mit dem Namen p53 steuert, das entscheidend für die Kontrolle des Überlebens von Krebszellen ist. Durch die direkte Bindung von Transglutaminase 2 an p53 wird dieses wichtige Steuerprotein deaktiviert, und die Darmkrebszelle wird resistenter gegen Chemotherapeutika und anderer äußerer Einflüsse gemacht, die zum Zelltod führen sollten“, so Prof. Michael Rieger, Professor an der Medizinischen Klinik 2 und Leiter der Studie. „Es sind bereits unterschiedliche Mechanismen bekannt, wie Krebszellen das Steuerprotein p53 deaktivieren, dies ist ein häufiges Ereignis bei der Krebsentstehung und hängt oft mit genetischen Veränderungen des Proteins zusammen. Nun konnten wir einen weiteren Weg identifizieren, der unabhängig von genetischen Veränderungen von p53 ist: ein hohes Level an Transglutaminase 2 blockiert die Funktion von p53.“

Ansatzpunkt für ein Medikament

Durch die enge Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern unterschiedlicher Fachdisziplinen am Universitätsklinikum Frankfurt und der Goethe Universität Frankfurt, die auch im Rahmen des Frankfurt Cancer Institute gemeinsam forschen, konnte diese Studie erfolgreich durchgeführt werden. „Wir arbeiten daran, Transglutaminase 2 als neuen Biomarker für die Prognose von Darmkrebspatientinnen und -patienten zu etablieren. Außerdem erforschen wir Wege, um Transglutaminase 2 durch Gabe von Medikamenten in Darmkrebszellen gezielt auszuschalten. Dies könnte eine hoffnungsvolle Strategie für eine schnelle Anwendung bei Patientinnen und Patienten sein“, schließt Dr. Malkomes. Die Ärztin ist Teil des Advanced-Clinician-Scientist-Programms des Mildred-Scheel-Nachwuchszentrums (MSNZ) Frankfurt und erhält eine Förderung für ihre Forschungsprojekte an Transglutaminase 2.

Publikation:

Malkomes, P.*, Lunger, I.*, Oppermann, E., Abou-El-Ardat, K., Oellerich, T., Günther, S., Canbulat, C., Bothur, S., Schnütgen, F., Yu, W., Wingert, S., Haetscher, N., Catapano, C., Dietz, M.S., Heilemann, M., Kvasnicka, H.-M., Holzer, K., Serve, H., Bechstein, W. O., Rieger, M.A.; Transglutaminase 2 promotes tumorigenicity of colon cancer cells by inactivation of the tumor suppressor p53. Oncogene, June 08, 2021 (Epub ahead of print) http://dx.doi.org/10.1038/s41388-021-01847-w
* geteilte Erstautorenschaft