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Laser erkennt Krebsgewebe

Kasseler Forscherinnen und Forscher haben eine Methode entwickelt, die mit ultrakurzen Lichtblitzen Krebsoperationen schneller und schonender machen kann.

Die wichtigste Methode, um Krebs im Frühstadium zu beseitigen, ist das Herausschneiden. Um zu gewährleisten, dass der Tumor vollständig entfernt wurde, ist jedoch der richtige Sicherheitsabstand entscheidend, d.h. es muss rings um das befallene Gewebe eine minimale Hülle gesunden Gewebes mitentfernt werden. Ein zu kleiner Sicherheitsabstand kann zu Rückfällen führen, während ein zu großer die Funktion des betroffenen Organs einschränken kann.

Um zu entscheiden, ob das bösartige Gewebe vollständig entfernt wurde, wird häufig eine sogenannte Schnellschnittuntersuchung durchgeführt. Ein Laborarzt untersucht dabei das entnommene Gewebe noch während der laufenden Operation, indem er es außerhalb des OPs schockgefriert, schneidet und einfärbt. Dabei kann er feststellen, ob bei der Entnahme der richtige Sicherheitsabstand eingehalten wurde. Vom Ergebnis dieses zeitaufwendigen Prozesses hängt das weitere Vorgehen der Operation ab.

Wünschenswert wäre eine alternative oder ergänzende Technik, mit der die Art des operierten Gewebes schnell und präzise bestimmt werden kann, um die Operationszeit zu verringern und die Belastung des Patienten zu reduzieren.

Hier setzen die Arbeiten der Kassler Forscherinnen und Forscher an. An Leberkrebs- und Brustkrebsproben aus dem Archiv des Instituts für Pathologie Nordhessen erzielten sie mit einem Laserverfahren eine Genauigkeit in der Unterscheidung von gesundem zu krankem Gewebe von 95 bis nahezu 100 Prozent. Dazu werden ultrakurze Laserblitze von einigen billiardstel Sekunden Dauer auf das Gewebe geschickt, wobei ein geringer Abtrag des Gewebes stattfindet. Dabei ensteht Licht, das die chemische Zusammensetzung des Gewebes anzeigt.

Dieses Verfahren wurde am Nanostrukturzentrum der Universität Kassel vor zwanzig Jahren erstmals an pflanzlichem Gewebe gezeigt und nun auf diese Fragestellung angewendet. Zur Unterscheidung zwischen gesundem und krankem Gewebe verwendeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Auswertungsmethoden, die auf maschinellem Lernen beruhen. Entwickelt wurde das neue Verfahren von den Kasseler Experimentalphysikern/innen Prof. Dr. Thomas Baumert, Arne Senftleben, Cristian Sarpe, Elena Ramela Ciobotea, Christoph Burghard Morscher, Bastian Zielinski und Hendrike Braun in Kooperation mit dem Mediziner Prof. Dr. Josef Rüschoff (Institut für Pathologie Nordhessen).

Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass diese Methode zur raschen Gewebebestimmung nach weiterer Forschungs- und Entwicklungsarbeit in den Operationssaal Einzug finden wird. Wenn Ultrakurzpulslaser als Schneidewerkzeuge während der Operation eingesetzt werden sollten, kann diese Methode sogar gesundes von krankem Gewebe direkt während des Schnittes unterscheiden.

Baumert: „Dieses Verfahren kann Krebs nicht heilen. Aber es kann die Behandlung schneller, sicherer und schonender machen.“

Die Arbeit ist veröffentlicht in Nature Scientific Reports unter:

“Identification of Tumor Tissue in Thin Pathological Samples via Femtosecond Laser-Induced Breakdown Spectroscopy and Machine Learning”
DOI: 10.1038/s41598-023-36155-8