Das GesundheitsPortal für innovative Arzneimittel, neue Therapien und neue Heilungschancen

Niesen zur Migräneprävention? Eine mögliche Rolle für Histamine bei der Prophylaxe von Migräne

Original Titel:
Histamine and Migraine.

Allergiker kennen sie eher als Störfaktoren in ihrem Leben: Histamine wirken bei der Abwehr körperfremder Stoffe mit, und werden typischerweise mit Antihistaminen unterdrückt, um das alljährliche Frühjahrsniesen zu verhindern. Bei Migräne bieten sie aber möglicherweise eine neue Prophylaxeoption. Histamine gehören zu den ältesten unserer Gewebesubstanzen, sie stammen, kaum verändert, noch aus den Zeiten einzelliger Lebewesen. Im zentralen Nervensystem werden sie im Hypothalamus gebildet, der als Steuersystem des vegetativen Nervensystems über verschiedene Signalstoffe unter Anderem Körpertemperatur, Schlafrhythmus und Blutdruck stabilisiert. Aus dem Hypothalamus gelangen die Histamine in das gesamte Gehirn und wirken bei Aufgaben wie Wachheit, Energiegleichgewicht, und Gedächtnisstabilisierung mit. Seit Kurzem wird den Histaminen auch eine mögliche Rolle in der Migräneentstehung zugeschrieben. Die Neurologen Dr. Yuan und Prof. Silberstein, Direktor des Jefferson Kopfschmerzzentrums der Thomas Jefferson Universität in Philadelphia, USA (2017), stellten nun eine Übersichtsstudie der neuesten Forschungserkenntnisse zu Histaminen und ihrer Relevanz für Migräneure zusammen.

Die Studien deuteten darauf hin, dass Histamine eine kritische Rolle in der Pathogenese von Migräne spielen: sie stützen nämlich die von den Nerven ausgehenden Entzündungsprozesse, neurogene Entzündungen genannt. Histamine binden mit unterschiedlicher Stärke an vier verschiedene Rezeptoren und aktivieren dadurch Proteinkinasen, oder lösen eine Calciumausschüttung aus, was jeweils unterschiedliche Folgen nach sich führt. Histaminrezeptoren werden beispielsweise häufig zur Behandlung von Allergien (H1R) und der Kontrolle der Magensäuresekretion (H2R) eingesetzt. Sie sind aber wahrscheinlich nicht bei Migräne wirksam. Zwei weitere Rezeptoren dagegen binden Histamine 3mal stärker als H1R und H2R und werden fast ausschließlich in Nervenzellen (H3R) und Immungewebe (H4R) gefunden. Der neuronale Histaminrezeptor wirkt dabei rückkoppelnd auf die Histaminabgebenden Zellen (Autorezeptor) und kann dadurch die Menge des freigesetzten Histamins oder anderer neuronaler Signalstoffe regulieren. H3R stellt damit ein mögliches Ziel für Schmerzlinderung und neurogene Entzündungshemmung dar. Bisher wurde in mehreren kleinen klinischen Studien die mögliche prophylaktische Wirkung geringer Mengen von Histamin bei Migräne demonstriert. Dieser Effekt wird vermutlich über den H3R-Weg oder einem bisher unbestimmten Pfad erreicht.

Neueste Studien zeigten also, dass das Histaminsystem mit verschiedenen Nervensystemregionen interagiert. Es besteht die Möglichkeit, dass es eine Migräne modulieren könnte. Niedrige Histaminmengen könnten daher eine vielversprechende Option zur Migräneprävention darstellen.

© Alle Rechte: DeutschesGesundheitsPortal / HealthCom