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Wie aus Stammzellen die Plazenta entsteht

Forscherinnen und Forscher am Helmholtz Zentrum München haben untersucht, wie sich pluripotente Stammzellen zu Plazentazellen (Trophoblasten) entwickeln. Vier Transkriptionsfaktoren scheinen dabei eine besondere Rolle zu spielen, wie die Wissenschaftler in ‚PNAS‘ berichten.

Die Trophoblasten bilden die äußere Zellschicht einer Blastozyste* und verbinden diese mit der Gebärmutterwand. Beim Menschen bilden sie sich am fünften bis zwölften Tag nach der Befruchtung, weichen mittels Enzymen die Gebärmutterschleimhaut auf und können sich so an ihr festsetzen. Im weiteren Verlauf bildet sich aus embryonalem und mütterlichem Gewebe die Plazenta (Mutterkuchen).

Herauszufinden, wie aus pluripotenten Stammzellen die Plazenta erzeugenden Trophoblasten werden, war das Ziel eines Teams um Dr. Micha Drukker, Leiter der Arbeitsgruppe Humane pluripotente Stammzellen am Institut für Stammzellforschung des Helmholtz Zentrums München.

„Wir konnten zeigen, dass ausgehend von dem potenten Morphogen BMP4 ein kleines Netzwerk von vier Transkriptionsfaktoren aktiviert wird, das wir die trophectoderm four beziehungsweise TEtra getauft haben“, erklärt Studienleiter Drukker. „Sie leiten alle weiteren Schritte ein.“

Umfangreiche Daten zu Genetik und Epigenetik der Trophoblastenentwicklung

Für die Studie hatten die Wissenschaftler um die beiden Erstautoren Dr. Dmitry Shaposhnikov und Christian Krendl umfangreiche Kartierungen durchgeführt: In den Vorläufer- und den Plazentazellen, die aus humanen pluripotenten Stammzellen hervorgegangen waren, untersuchten sie sowohl Transkriptom als auch Epigenom (CpG Methylierungen, H3K4me3 und H3K27me3). Auf diese Weise stießen sie auf die vier besagten Tetra-Transkriptionsfaktoren: TFAP2A, TFAP2C, GATA2 und GATA3.

„Wenn die Differenzierung zu Trophoblasten beginnt, besetzen sie viele Stellen an epigenetisch abgeschalteten Plazenta-Genen und aktivieren sie“, erklärt Drukker. „Gleichzeitig beenden Sie die Stammzelleigenschaften, indem sie den Faktor Oct4 herunterfahren.“ Hemmten die Forscher umgekehrt im Modellversuch den Transkriptionsfaktor GATA3, wurde die Entwicklung des Trophektoderms unterbrochen.

Die Studie eröffnet den Autoren zufolge neue Perspektiven auf die Plazentaentwicklung und Schwangerschaftskomplikationen. Zudem liefern die Daten eine genomweite Analyse von aktivem und inaktivem Chromatin während der Trophoblastenentwicklung aus humanen pluripotenten Stammzellen.

Mit Blick auf die Plazentavorläuferzellen sehen die Wissenschaftler keine unmittelbare therapeutische Anwendung. Deren Entwicklung zu verstehen, sei allerdings entscheidend für die Erzeugung anderer klinisch relevanter Zelltypen aus pluripotenten Stammzellen, darunter Neuronen oder Pankreaszellen.

Weitere Informationen
* Die Blastozyste ist ein Entwicklungsstadium der Embryogenese bei Säugetieren und folgt auf die sogenannten Morula. Das Stadium tritt rund vier Tage nach der Befruchtung ein.

Hintergrund:
Die Arbeit entstand in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Dr. Fabian Theis und Dr. Nikola Müller aus dem Institute of Computational Biology sowie Partnern an der LMU (Prof. Wolfgang Enard) und in Oregon (Prof. Shawn L. Chavez).

Erstautor Christian Krendl war Teilnehmer der Helmholtz Graduate School Environmental Health, kurz HELENA, und hat nun promoviert.

Original-Publikation:
Krendl, C. & Shaposhnikov, D. et al. (2017): GATA2/3-TFAP2A/C transcription factor network couples human pluripotent stem cell differentiation to trophectoderm with repression of pluripotency. Proceedings of the National Academy of Sciences, DOI: 10.1073/pnas.1708341114

 

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