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Frühwarnzeichen für Migräne: einfache Wahrnehmungstests zeigen drohende Migräneanfälle an

Original Titel:
Daily vision testing can expose the prodromal phase of migraine.

Die Gehirnaktivität während der Migräne wurde schon mit verschiedenen Tests überprüft. Häufig wurden dazu Sehtests eingesetzt, die das Gleichgewicht zwischen starker Nervenaktivität und Hemmung dieser Aktivität (Inhibition) zeigen sollen. Zu dem reinen wissenschaftlichen Verständnis der Abläufe bei einer Migräne könnten solche Tests aber zusätzlich auch möglicherweise zur Vorhersage einer Migräneattacke dienen. Schließlich nehmen Migränepatienten selbst auch häufig viele Stunden vor der Kopfschmerzphase deutliche Anzeichen eines nahenden Anfalls wahr. Könnten diese Frühwarnzeichen sich auch in der Sehwahrnehmung messbar wiederspiegeln? Wahrnehmungs- und Migräneforscherin Prof. McKendrick von der Universität Melbourne in Australien untersuchte dazu mit ihren Kollegen die Sehwahrnehmung von Menschen mit und ohne Migräne über mehrere Tage und erfasste, ob sich die Wahrnehmung vor einer Migräneattacke von der gesunder Kontrollen unterschied.

An der Studie nahmen 16 Kontrollpersonen und 18 Personen mit Migräne teil. Zur Messung zu Hause erhielten sie ein tragbares Testgerät (Tablet), auf dem sie täglich zwei Tests durchführen sollten. Einmal wurde gemessen, wie schwach ein Anstieg in der Helligkeit eines Testpunkts sein konnte, dass die Teilnehmer ihn noch sicher erkennen konnten. Um dies zu erschweren, war der Testpunkt von einer Art Rauschmuster umgeben. Dieser Test zeigte damit, wie stark die Gehirnaktivität über ein Hintergrundrauschen hinweg ansteigen konnte. Als zweites wurde der niedrigste Kontrast eines Musters getestet, bei dem die Teilnehmer noch sicher das Muster erkennen konnten. Typischerweise werden dabei mehrere schwach graue Streifen gezeigt, deren Orientierung erkannt werden soll. Dabei war das Muster umgeben von einem ähnlichen Streifenbild, das die Wahrnehmung der Streifen in der Mitte typischerweise hemmt. Dieser Effekt wird im englischen center surround suppression (Mitte-Umkreis-Hemmung) genannt und gibt einen Hinweis auf die Stärke der Hemmung der Gehirnaktivität.

Allgemein ist bekannt, dass Menschen mit Migräne eher empfindlich für schwache Kontraste sind, aber auch überempfindlich auf sehr starke Helligkeitsunterschiede reagieren können. Es zeigte sich auch in dieser Studie, dass generell die Helligkeitsanstiege für Migränepatienten sehr viel niedriger sein konnten als für Kontrollteilnehmer, um erkannt zu werden. Die Helligkeitsschwellen der Migränepatienten waren also niedriger. Diese Schwellen änderten sich aber nicht zwischen und während der Migräneanfälle. Anders war dies allerdings für die Hemmung durch ein kontraststarkes Umfeld. Die Menschen mit Migräne reagierten in den kopfschmerzfreien Phasen typischerweise stärker auf die störende Umgebung des eigentlichen Testmusters als die Kontrollen. Menschen ohne Migräne konnten hierbei also das Testmuster leichter erkennen als die Migränepatienten. Dies änderte sich jedoch etwa 48 Stunden vor einem Migräneanfall: allmählich wurde die Umfeldhemmung der Patienten schwächer, das Muster im Zentrum also besser erkennbar, obwohl es vom störenden Muster umgeben war. Nach bis zu 24 Stunden im Anschluss an die Attacke hatte sich die Hemmung der Gehirnaktivität aber wieder auf den kopfschmerzfreien Wert gesteigert.

Damit konnte die Studie zeigen, dass die veränderte Gehirnaktivität von Migränepatienten sich in den Wahrnehmungstests sowohl während der Attacken, aber auch in den kopfschmerzfreien Phasen viele Stunden vor einem Migräneanfall wiederspiegelt. Tägliche Wahrnehmungstests bieten damit eine Chance, Migräneanfälle frühzeitig zu erkennen. Speziell mit Hilfe der Umfeldhemmung der Patienten konnte eine Veränderung der Gehirnprozesse bis zu zwei Tage vor einer Attacke erkannt werden. Eine solche einfach durchzuführende Früherkennung könnte den Patienten ermöglichen, ihre Attacken schneller gezielt zu behandeln oder durch verschiedene Maßnahmen eventuell sogar abzuwenden.

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