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Mit einem Blick zur Diagnose? Demenzerkrankungen im jüngeren Alter zeigen sich in den Augenbewegungen

Original Titel:
Eyetracking Metrics in Young Onset Alzheimer's Disease: A Window into Cognitive Visual Functions.

Nicht alle Demenzerkrankungen zeigen sich erst im hohen Alter. Demenz im jüngeren Lebensalter (young onset Alzheimer’s disease, YOAD) betrifft die Patienten bevor sie 65 Jahre alt sind. Die Symptome dieser Sonderform der Demenz, die weniger als 2 % der Demenzerkrankungen ausmacht, sind sehr unterschiedlich. Eine mögliche Auffälligkeit ist beispielsweise ein Abbau speziell in den am Hinterkopf gelegenen Gehirnbereichen, die das Sehen, die visuelle Wahrnehmung, leisten. Diese sogenannte posteriore corticale Atrophie (PCA), übersetzt ein rückseitiger Gehirnrindenabbau, führt häufig zu Fehldiagnosen, da sie nicht den typischen Gehirnschädigungen bei der Alzheimerdemenz entspricht. Allerdings hat sich schon früher gezeigt, dass Augenbewegungen frühzeitig Hinweise auf eine mögliche Demenzerkrankung liefern könnten. Alzheimerpatienten führen zum Teil verlangsamt Augenbewegungen durch, treffen Ziele weniger genau mit dem Blick, und korrigieren diese Fehler anschließend seltener als Gesunde. Dr. Pavisic vom Demenzforschungszentrum des University College in London untersuchte daher mit ihren Kollegen, ob auch bei jung erkrankten Demenzpatienten Augenbewegungsmessungen mit den üblichen Tests zur Denkleistung bei Demenz übereinstimmten. Vor allem wollte die Wissenschaftler erfahren, ob eine Demenzerkrankung mit Hilfe der Augenbewegungen erkennbar sein könnte.

57 Teilnehmer wurden für die Studie rekrutiert, 36 mit YOAD, von denen 26 unter eher typischer Alzheimerdemenz litten, und 10 eine Gehirnschädigung im Sehzentrum zeigten. 21 der Teilnehmer waren gesunde Kontrollen in ähnlichem Alter. Die Teilnehmer führten drei Tests zur Messung der Augenbewegungen durch: einmal mussten sie auf Zielpunkte fixieren, einmal schnelle Augenbewegungen zu Zielpunkten hin durchführen (Prosakkade) und schließlich bewegten Zielpunkten mit glatten Folgebewegungen (smooth pursuit) nachblicken. Diese Augenbewegungen wurden mittels einer Kamera gemessen und analysiert (eye tracking).

Die Forscher ließen nun eine automatische Analyse, bei der ein Computerprogramm selbständig versucht, Muster optimiert zu unterscheiden (machine learning), die Augenbewegungsdaten von Patienten und Kontrollen untersuchen. Um zu testen, ob ein Erkrankter anhand seiner Augenbewegungen erkannt werden könnte, werden dem Programm ein Teil der Daten der gesunden Teilnehmer und ein Teil der Daten der erkrankten Teilnehmer zum Lernen angeboten. In einem weiteren Schritt soll dann das Programm ihm bisher unbekannte Daten als ‘gesund’ und ‘krank’ klassifizieren.

Die Ergebnisse zeigten, dass dies tatsächlich möglich war. Das Programm konnte mit Hilfe der glatten Folgebewegungen der Augen Patienten von gesunden Kontrollen unterscheiden. Seine Treffgenauigkeit lag dabei bei etwa 95 %.

Die Studie deutet damit darauf hin, dass relativ einfache Augenbewegungstests Messungen erlauben, die weitreichend Rückschlüsse auf mögliche Schädigungen des Gehirns und eine zugrundliegende Demenzerkrankung bieten. Damit kann die Messung von Augenbewegungen ein sehr nützliches Element in der Diagnostik sein und sollte weiter in klinischen Studien untersucht werden.

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