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Satt durch Celastrol – Forschende entdecken, wo im Hypothalamus der gewichtsreduzierende Pflanzenwirkstoff ansetzt

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München haben neue Erkenntnisse zu Celastrol gewonnen, einem pflanzlichen Stoff mit vielversprechender Wirkung auf die Gewichtsreduktion bei Adipositas. Celastrol stellt die Sensitivität für das Sättigungshormon Leptin wieder her. Wie genau dieser Mechanismus funktioniert, war bislang jedoch noch unklar. Neue, im ‚Journal of Medicinal Chemistry‘ veröffentlichte Ergebnisse zeigen, dass der Gewichtsverlust durch die Hemmung spezieller Proteine im Hypothalamus zustande kommt.

Das Sättigungsgefühl mittels Medikament einfach ein- und ausschalten zu können, davon träumen sowohl Forschende als auch Menschen mit Adipositas. Trotz Diät- und Lifestyle-Angeboten und ungeachtet der positiven Auswirkungen auf Stoffwechsel und Gesundheit, erreichen nur wenige von Adipositas Betroffene die in medizinischen Leitlinien empfohlene Gewichtsreduktion um fünf bis zehn Prozent. Mit krankhaftem Übergewicht verändert sich die Stoffwechsel- und auch Hormonlage im Körper: Die Wirkung des Sättigungshormons Leptin bleibt aus.

Genau hier setzt der aus der chinesischen Medizin bekannte Naturstoff Celastrol an und ist daher besonders interessant für die Wissenschaft. „In kürzlich veröffentlichten Studien konnten unser Kollege Dr. Paul Pfluger und sein Team der Abteilung Neurobiologie des Diabetes am Helmholtz Zentrum München nachweisen, dass Celastrol die Sensitivität für das Sättigungshormon Leptin wiederherstellt. Damit reaktiviert es genau die körpereigenen Mechanismen zu Gewichtssteuerung und normaler Nahrungsaufnahme, die bei Fettleibigkeit häufig aussetzen. Obwohl schon verschiedene molekulare Zielstrukturen von Celastrol bekannt sind, konnte bisher niemand dessen gewichtsreduzierende Wirkung erklären oder weshalb es für einen intakten Leptin-Stoffwechselweg notwendig ist“, erläutert die Studienleiterin Dr. Ana Messias vom Institut für Strukturbiologie (STB) am Helmholtz Zentrum München.

“Wir wollten die molekularen Mechanismen identifizieren, die dem gewichtsreduzierenden Effekt von Celastrol zugrunde liegen und stellten die Hypothese auf, dass es für die Entfaltung seiner Wirkung auf die Hemmung spezieller Protein-Tyrosin-Phosphatasen – also negativer Leptin-Regulatoren – im Hypothalamus angewiesen sein könnte“, beschreibt Messias das Ziel ihrer Forschung.

Dies war die Initialzündung für die kürzlich im ‘Journal of Medicinal Chemistry’ veröffentlichte Studie. Um ihre Hypothese zu beweisen, schloss sich Messias mit anderen Wissenschaftlern des Helmholtz Zentrums München sowie mit Prof. Tony Tiganis und seinem Team der Monash Universität in Melbourne zusammen. „Durch das Abschalten spezieller Gene, konnten wir in vivo zeigen, dass der Gewichtsverlust durch Celastrol vor allem durch die Hemmung der Leptin-negativen Regulatoren PTP1B und TCPTP im Kern des Hypothalamus vermittelt wird. Diese Erkenntnis untermauerten wir durch Untersuchungen mit rekombinanten Proteinen und enzymatischen Assays, sowie mittels NMR- und biophysikalischen Techniken“, erklärt Messias ihre Vorgehensweise.

„Wir konnten nachweisen, dass Celastrol in unmittelbarer Nähe des aktiven Zentrums andockt – dort wo die Katalyse, also chemische Reaktion stattfindet. Wir charakterisierten damit umfassend, wie Celastrol an die Proteine PTP1B und TCPTP bindet. Gleichzeitig stellten wir fest, dass Celastrol zwar auch die Proteine PTEN und SHP2 hemmte, anderen für die Leptin-Signalwege relevanten Phosphatasen im Hypothalamus gegenüber aber unwirksam blieb. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass die Proteine PTP1B und TCPTP im Kern des Hypothalamus eine ganz entscheidende Rolle bei der gewichtsreduzierenden Wirkung von Celastrol spielen.“ so Erstautorin der Studie, Eleni Kyriakou, zu den neuen Erkenntnissen.

Auch wenn in weiteren Untersuchungen erst noch geklärt werden muss, inwiefern sich die Erkenntnisse aus dem Modell auf den Menschen übertragen lassen, sind die Resultate der aktuellen Studie ein weiterer entscheidender Schritt in der Entwicklung neuer Anti-Adipositas-Medikamente und gleichzeitig der Prävention von Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes.

Weitere Informationen

Leptin ist ein vom Fettgewebe gebildetes Hormon, das über eine Aktivierung der Leptin-Rezeptoren im Gehirn ein Sättigungsgefühl auslöst. In adipösen Mäusen und Menschen ist Leptin zwar in hoher Konzentration im Blut vorhanden, kann aber die Rezeptoren aufgrund einer Resistenz nicht aktivieren. Letztendlich führt dies zur fehlenden Kontrolle der Nahrungsaufnahme, mit den bekannten Folgen wie Adipositas und Typ-2-Diabetes.

Die natürliche Substanz Celastrol entstammt Wilfords Dreiflügelfrucht, einem Vertreter der Spindelbaumgewächse aus Südchina. Bisher fiel die Substanz vor allem durch antientzündliche Wirkung auf.

Original-Publikation:
Kyriakou, E. et al. (2018): Celastrol promotes weight loss in diet-induced obesity by inhibiting the protein tyrosine phosphatases PTP1B and TCPTP in the hypothalamus. DOI: http://dx.doi.org/10.1021/acs.jmedchem.8b01224