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Wie medizinische Zentren Menschen mit Behinderung versorgen

Innovationsfonds fördert Projekt von Universität Bielefeld, Krankenhaus Mara und Diakovere Annastift


Erwachsene mit geistiger oder mehrfacher Behinderung hatten in der Vergangenheit kaum niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in der Nähe, die auf ihren Bedarf spezialisiert waren. Das änderte sich 2015 mit einem Gesetz, das die Gründung von Medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit Behinderung (MZEB) ermöglicht. Bislang fehlt eine Studie dazu, wie die Zentren arbeiten und was sie für die ambulante Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten bedeuten. Ein Forschungsprojekt geht nun dieser Frage nach. Die Universität Bielefeld kooperiert dafür mit dem Krankenhaus Mara in Bielefeld und dem Diakovere Annastift in Hannover, die beide ein MZEB betreiben. Jetzt haben die Datenerhebungen begonnen. Der Innovationsfonds zur Gesundheitsversorgung in Deutschland fördert das Projekt mit rund einer Million Euro.

„Die Behandlung von Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen ist für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte eine große Herausforderung. Sie sind fachlich, organisatorisch und räumlich oft nicht auf die Betroffenen ausgerichtet“, sagt Professor Dr. Thorsten Meyer von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, der das neue Projekt zusammen mit Dr. Margret Xyländer leitet. Meyer ist Stiftungsprofessor für Rehabilitationswissenschaften mit dem Schwerpunkt Rehabilitative Versorgungsforschung.

MZEB schließen die bisherige Versorgungslücke und unterstützen als dritte Stufe nach haus- und fachärztlicher Versorgung die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Die Behandlung im MZEB erfolgt auf Überweisung durch Haus- und Fachärzte. Sie ist auf Erwachsene ausgerichtet, die das besondere Angebot wegen der Art, Schwere oder Komplexität ihrer Behinderung benötigen. „So werden in einem MZEB vor allem Menschen mit solchen Erkrankungen behandelt, die durch Behinderungen, Entwicklungsstörungen oder geburtsbedingte Schädigungen entstanden sind“, sagt Meyer. „Eine Besonderheit der MZEB sind die multiprofessionellen Teams und die interdisziplinäre Zusammenarbeit“, sagt Meyer. Für Behandlungen in den medizinischen Zentren arbeiten zum Beispiel Fachärztinnen und -ärzte mit Therapeutinnen und Therapeuten wie auch Psychologinnen und Psychologen zusammen.

Das Projekt untersucht mit verschiedenen Forschungsmethoden die Arbeit der MZEB und die Auswirkungen auf die medizinische Versorgung. So werden Patientinnen, Patienten und Angehörige im MZEB des Krankenhauses Mara in Bethel und im MZEB Bruno-Valentin-Institut des Diakovere-Krankenhauses in Hannover unter anderem in Interviews zu ihren Erfahrungen mit der Gesundheitsversorgung befragt. In der ersten Befragungsphase geht es um die Erfahrung mit der regulären Versorgung, im Folgeinterview nach anderthalb Jahren um die Erfahrung im jeweiligen MZEB.

Außerdem untersuchen die Forschenden die tägliche Arbeit der Teams in den MZEB. „Dazu gehört, dass wir Behandlungen und Besprechungen in teilnehmender Beobachtung begleiten“, sagt Dr. Margret Xyländer, die das Projekt koordiniert und inhaltlich-methodisch leitet. Auch durch Gruppendiskussionen mit den Fachleuten und Einzelinterviews verschaffen sich die Forschenden einen Einblick in die Arbeit. Parallel zu diesen Erhebungen untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer ländlichen Region ohne MZEB, wie dort Betroffene die Qualität ihrer Gesundheitsversorgung wahrnehmen.

Das Forschungsprojekt heißt mit vollem Namen „Versorgung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen vor und nach Einführung von Medizinischen Zentren“. Es ist im Januar 2019 angelaufen und wird drei Jahre bis Ende 2021 gefördert. Von der Förderung in Höhe von einer Million Euro gehen rund 550.000 Euro an die Universität Bielefeld. Geldgeber ist der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). In dem Gemeinsamen Bundesausschuss sind für ganz Deutschland Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen organisiert.

Die Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften mit dem Schwerpunkt Rehabilitative Versorgungsforschung wurde im Oktober 2017 an der Universität Bielefeld eingerichtet. Hauptstifter ist die Deutsche Rentenversicherung Westfalen. Die Stiftungsprofessur soll dazu beitragen, die Leistungen und Verfahren in der Rehabilitation nachhaltig zu optimieren.

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