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Nur einnehmen, was wirklich benötigt wird: Die erste Untersuchung vor der OP gilt dem Medikationsplan

Analyse durch UKL-Apotheker hilft, Doppelmedikationen oder unplausible  Dosierungen zu vermeiden

Leipzig. „Apotheker-Arzneimittelgespräch“ mag ein schwieriges und langes Wort sein – als Instrument, die Sicherheit der Patienten des Universitätsklinikums Leipzig (UKL) zu erhöhen, ist es jede Silbe wert. Wer als UKL-Patient vor einer geplanten chirurgischen Operation steht oder eine Augen-OP erhält, führt zuvor ein vertrauensvolles Gespräch mit einem Klinikapotheker über seinen Medikationsplan. Die pharmazeutischen Experten des UKL kontrollieren und analysieren die Liste der einzunehmenden Arzneimittel und korrigieren an den nötigen Stellen.

„Dieses wirklich persönliche Gespräch mit jedem Patienten ist es, was uns von anderen Kliniken unterscheidet“, sagt Dr. Yvonne Remane, Direktorin der Klinikapotheke, anlässlich des Welttages der Patientensicherheit am 17. September.
Bei diesem Gespräch schauen sich die klinischen Pharmazeuten zuerst genau an, welche Medikamente der Patient bekommt und einnimmt. „Viele bringen Medikationspläne mit, die nicht der tatsächlichen Einnahme entsprechen“, berichtet Dr. Remane, „und etlichen ist die Diskrepanz zwischen ihrem Plan und dem, was sie wirklich zu sich nehmen, sogar bekannt.“ Und so wundert es die Apotheker auch nicht sehr, wenn etliche Patienten gleich ihren gesamten Arzneimittelbestand mitbringen. Falls notwendig, telefonieren die UKL-Pharmazeuten auch gleich noch einmal mit dem jeweiligen Hausarzt.
Anschließend wird die nun hoffentlich vollständige Liste der Medikamente des Patienten analysiert: „Liegen Doppelmedikationen vor, also besitzen zwei Mittel unterschiedliche Namen, aber den gleichen Wirkstoff? Sind alle Dosierungen auch plausibel? Sind die Dosierungen an mögliche Organfunktionsstörungen, beispielsweise an Niere oder Leber, angepasst? Liegen gar Kontraindikationen vor, sollte der Patient das jeweilige Medikament also gar nicht bekommen?“, beschreibt Dr. Donald Ranft, Leiter der Abteilung Arzneimittelinformation und Klinische Pharmazie.
Mit den Antworten auf diese Fragen und den übrigen Rechercheergebnissen stellen die Apotheker den Medikationsplan auf am UKL verfügbare Arzneimittel um und geben sämtliche aktualisierten Daten an die Anästhesisten und Operateure weiter. Dies alles geschieht meist bei
Voruntersuchungen und den Aufklärungsgesprächen, so werden Versorgungslücken in der medikamentösen Therapie bei Klinikaufnahme von Anfang an vermieden.

Die individuell gehaltene Patientenberatung unterscheide das UKL von anderen Kliniken, hebt Dr. Remane hervor, „doch gerade der persönliche Kontakt zeichnet unsere Medikationsanalyse aus. So wird auch der Apotheker und seine Tätigkeit sichtbar.“ Was verschiedene Fachärzte verschreiben, werde hier oft zum ersten Mal zusammengeführt und transparent gemacht, so die Direktorin der UKL-Apotheke. In einer Stunde seien vier bis fünf Patientengespräche in offener Atmosphäre möglich.
Seit 2017 bereits läuft das Projekt zur Verbesserung der Patientensicherheit bei den Chirurgen und seit Januar dieses Jahres nun auch in der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde. Eine Refinanzierung durch die Krankenkassen erfolge leider nicht, bedauert sie.

Zeitliche Entlastung für Ärzte und Pflegende
Neben der Sicherheit des Patienten steht für Dr. Yvonne Remane noch ein wichtiger Aspekt im Vordergrund: „Wir entlasten Pflegende und Ärzte. Gerade Letztere vermitteln uns das auch.“ Das kann Prof. Petra Meier, stellvertretende Direktorin der UKL-Augenklinik, nur bestätigen: „In der Regel haben wir einen sehr hohen Patientendurchsatz mit in der Mehrzahl betagten Menschen, die oft zahlreiche Medikamente einnehmen. Unsere Pflegekräfte, Anästhesisten und Augenärzte entlastet diese Arbeit der klinischen Pharmazeuten zeitlich enorm. Durch sie werden zum Teil handschriftliche Zettel und kaum zu scannende Medikationspläne geordnet und bewertet.“

Seit Juni 2017 ist das Universitätsklinikum Leipzig Mitglied im „Aktionsbündnis Patientensicherheit“, einer gemeinsamen Initiative von Vertretern der Gesundheitsberufe, ihrer Verbände und der Patientenorganisationen. „Mit dem Apotheker-Arzneimittelgespräch“, ist sich Dr. Remane sicher, „leisten wir einen aktiven Beitrag. Die Sicherheit des einzelnen Patienten steigt. Manchmal wird dem Patienten erst durch das Gespräch bewusst, wofür ihm seine Medikamente verordnet wurden und wie wichtig die Einnahmetreue ist.“