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Antimikrobielle Oberflächenbeschichtung reduziert das Risiko hoher Keimbelastungen um bis zu 90 Prozent

Mit Licht und Sauerstoff: Wissenschaftler am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) haben zusammen mit dem Regensburger Unternehmen TriOptoTec GmbH eine antimikrobielle Beschichtung für Oberflächen auf Basis der Photodynamik entwickelt. Eine Feldstudie in zwei Krankenhäusern hat jetzt die Wirksamkeit der Beschichtung eindrucksvoll bewiesen.

Bakterien können harmlos sein, sie schützen den Menschen oder werden für eine reibungslose Verdauung im Darm benötigt. Aber es gibt auch andere Bakterien, die verantwortlich für zahlreiche Infektionskrankheiten beim Menschen sind, und bei unzureichender Therapie auch zum Tod führen können. Das Immunsystem des Menschen bietet normalerweise einen wirksamen Schutz gegen solche Krankheitserreger, doch bei Personen mit geschwächtem Immunsystem ist dies nicht immer der Fall. An Orten, an denen zahlreiche Menschen aufeinander treffen, ist das Risiko von Keimbelastungen größer. Ein besonders sensibler Bereich ist hier natürlich das Krankenhaus, in dem Patienten mit Vorerkrankungen und oftmals geschwächtem Immunsystem behandelt werden. Neben gängigen Vorsichtsmaßnahmen wie Hygieneregeln können neue Wege zur besseren Keimreduzierung beschritten werden. „Die demographische Entwicklung, immer komplexere medizinische Eingriffe sowie der weltweite Anstieg antibiotikaresistenter Bakterien tragen zur Zunahme nosokomialer, also im Krankenhaus aufgetretener, Infektionen bei. Eine optimale Händehygiene in Kombination mit einer optimalen Krankenhaushygiene könnte die Verbreitung dieser Erreger minimieren“, erklärt Professor Dr. Wulf Schneider, Leiter der Abteilung für Krankenhaushygiene und Infektiologie des UKR.

Bei der Übertragung von Krankheitserregern spielen die vielen Oberflächen in der Umgebung der Patienten eine wichtige Rolle. Viele Bakterien können auf diesen Oberflächen über mehrere Monate überleben und infektiös bleiben. Sie bilden eine Art Reservoir für Krankheitserreger, wenn sie nicht ausreichend oft und zuverlässig desinfiziert werden.

Eine völlig neuartige Entwicklung am Universitätsklinikum Regensburg macht jetzt den Krankheitserregern das Leben dort schwer. Es handelt sich um eine antimikrobielle Beschichtung, die auf alle relevanten Oberflächen im Umfeld des Patienten aufgebracht werden kann. In der Beschichtung befindet sich ein spezieller Farbstoff, welcher für das Auge unsichtbar ist. Der Farbstoff ist in der Lage, die Energie des auf die Oberfläche treffenden Raumlichts an den Sauerstoff in der Beschichtung weiterzugeben. Der so aktivierte, gasförmige Sauerstoff beginnt dann unmittelbar damit, die Bakterien auf der Oberfläche zu zerstören. Das Wirkprinzip dieser antimikrobiellen Beschichtung wird Photodynamik genannt.

Beschichtung überzeugt im laufenden klinischen Betrieb

Diese antimikrobielle Beschichtung wurde am UKR entwickelt und durch das Cleantech Unternehmen TriOptoTec GmbH im Regensburger Biopark zur Produktreife gebracht. In einer aktuellen Studie wurde die antimikrobielle Beschichtung am UKR und am Caritas Krankenhaus St. Josef in Regensburg getestet. Zur Durchführung der Studie wurde das Projekt MIKROPHOB ins Leben gerufen, welches vom Bayerischen Wirtschaftsministerium über den Projektträger Bayern gefördert wurde. Neben der Abteilung für Krankenhaushygiene und Infektiologie waren auch die Klinik und Poliklinik für Dermatologie, das Zentrum für Klinische Studien sowie die Notaufnahme des UKR und die TriOptoTec GmbH am Projekt MIKROPHOB beteiligt.

Im Rahmen der Studie wurden über 20 verschiedene Oberflächen entweder mit einer antimikrobiell aktiven Beschichtung oder einer unwirksamen Kontrollbeschichtung ausgestattet. „Über mehrere Monate hinweg haben wir nahezu täglich die Anzahl der Bakterien auf den aktiven und den Kontrollflächen bestimmt und miteinander verglichen. Der klinische Alltagsbetrieb sowie die routinemäßige Reinigung der Oberflächen gemäß Hygieneplan liefen während der Studie selbstverständlich unverändert weiter, um eine möglichst reale Evidenz zu erreichen“, erklärt Professor Dr. Wolfgang Bäumler, Wissenschaftler und Projektleiter aus der Klinik und Poliklinik für Dermatologie des UKR.

Die Auswertung der Untersuchungen zeigte schließlich ein eindeutiges Ergebnis. Im Vergleich zu den Kontrollbeschichtungen leistete die Photodynamik der antimikrobiell beschichteten Oberflächen hervorragende Arbeit. Damit konnte eine hohe Keimbelastung auf Oberflächen um über 90 Prozent reduziert werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden jetzt in der international renommierten Fachzeitschrift Journal of Hospital Infection publiziert. Die Ergebnisse freuen auch Professor Schneider: „Trotz erheblicher Anstrengungen und deutlicher Verbesserung bei der Händehygiene über die letzten Jahre, kommt es leider immer wieder zum ungewollten Transfer von Keimen in Kliniken, unter anderem durch Gegenstände und über kolonisierte Flächen im direkten Patientenumfeld. In dieser Studie konnten wir nun erstmals nachweisen, dass antimikrobielle Oberflächen auf Basis der Photodynamik die Keimbesiedlung im Patientenumfeld signifikant senken und damit das Risiko einer möglichen Keimübertragung deutlich minimieren können. Damit unternehmen wir einen wichtigen und konsequenten Schritt in Richtung verbesserter Patientensicherheit.“

Keine schädlichen Inhaltsstoffe, Chemikalien oder Metallionen

Bei der Entwicklung neuer Technologien wird heutzutage zu Recht die Frage nach der Umweltverträglichkeit gestellt. Antimikrobielle Beschichtungen auf Basis der Photodynamik geben keine schädlichen Stoffe, insbesondere keine giftigen Chemikalien oder Metallionen, an Mensch oder Umwelt ab. Der Wirkstoff besteht rein aus gasförmigem Sauerstoff, der auf trockenen und feuchten Oberflächen Krankheitserreger effizient abtötet, unabhängig von der Erregerart und einer möglichen Antibiotikaresistenz. Im Vergleich zu bestehenden antimikrobiellen Technologien ist eine Resistenzentwicklung gegenüber der Photodynamik aufgrund des Wirkprinzips ausgeschlossen.

Einsatz in Arztpraxen, Kindergärten oder in der Lebensmittelverarbeitung

Bisherige Technologien im Bereich der antimikrobiellen Oberflächen haben den Nachteil, nur unter feuchten Bedingungen optimal zu funktionieren. So benötigen beispielsweise Systeme, die Bakterien mit Bioziden, Silber- oder Kupferionen abtöten, ausreichend Flüssigkeit zum Transport der Biozide oder Ionen. Der Vorteil der antimikrobiellen Beschichtung auf Basis der Photodynamik ist die selbsttätige und permanente Wirkung gegen Krankheitserreger mittels gasförmigen reaktiven Sauerstoffs, der außer Luft kein weiteres Transportmedium benötigt. „Diese Technologie empfiehlt sich deshalb als eine wertvolle Ergänzung der routinemäßigen Reinigung von Oberflächen und kann für mehr Sicherheit im Krankenhaus sorgen. Darüber hinaus können solche Beschichtungen auch in Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen, Kindergärten sowie der Lebensmittelverarbeitung und vielen anderen Bereichen eingesetzt werden“, so Professor Bäumler weiter.