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Hepatitis-Virusinfektionen der Leber – die stille Epidemie

Medizin am Abend mit Prof. Dr. Ralf Bartenschlager

Kann man krank sein, ohne sich krank zu fühlen? Im Falle einer Infektion der Leber mit Hepatitis-Viren ist dies durchaus möglich, weshalb Experten auch vor einen „stillen Epidemie“ warnen, die weltweit zu vielen vermeidbaren Todesfällen führt. Wie man sich vor einer derartigen Infektion schützt, woran man sie erkennt und wie sie behandelt werden kann, ist Thema des Vortrages von Prof. Dr. Ralf Bartenschlager bei Medizin am Abend am 12. Februar 2020.

Hepatitis-Infektionen der Leber sind weltweit verbreitet – und doch ahnen die meisten Betroffenen von ihrer Infektion nichts. „Bei diesen Virusinfektionen der Leber handelt es sich um eine stille Epidemie“, sagt der Heidelberger Virologe Prof. Dr. Ralf Bartenschlager. „Die Infektion bleibt lange unerkannt, weil sie keine Schmerzen verursacht, die uns warnen, dass etwas nicht stimmt. Ein weiteres Problem ist, dass Öffentlichkeit und Politik dieses Thema kaum zur Kenntnis nehmen, obwohl Infektionen mit den verschiedenen Hepatitis-Viren inzwischen weltweit zu einer der häufigsten Todesursachen unter den Infektionskrankheiten zählen – noch vor HIV oder Malaria.“

Mehr über Hintergründe, Zusammenhänge und Schutzmaßnahmen wird Bartenschlager, der zu den weltweit führenden Experten in der Hepatitis-Forschung zählt, bei Medizin am Abend am Mittwoch, 12. Februar 2020, erklären. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr im Hörsaal der Kopfklinik, Im Neuenheimer Feld 400. Universitätsklinikum und Rhein-Neckar-Zeitung laden alle Interessierten herzlich ein. 400 Besucher finden im Hörsaal Platz.

Unsere Leber – hart im Nehmen, aber verletzlich

Die Leber ist die zentrale biochemische Fabrik und größte Drüse in unserem Körper – hier werden Nährstoffe und schädliche Stoffe aus dem Blut aufgenommen, um- bzw. abgebaut und wieder in das Blut abgegeben, damit sie anderen Organen zur Verfügung stehen oder ausgeschieden werden können. Die Leber ist deshalb vergleichsweise tolerant gegenüber körperfremden Stoffen, die sie passieren lässt, ohne gleich mit einer Immunreaktion zu antworten. „Sonst würde man sich ja jedes Mal, wenn man ein Steak verdaut, eine Leberentzündung holen“, scherzt Ralf Bartenschlager. Doch diese Toleranz hat ihren Preis: Krankheitserreger gelangen leicht in dieses gut durchblutete Organ und können sich dort dauerhaft festsetzen, weil die körpereigene Abwehr nicht so stark ausgeprägt ist wie in anderen Organen. Die Folge: Infektionen heilen nicht aus, sondern können chronisch werden, was zu einer dauerhaften Entzündung und unbehandelt zu einer Schädigung der Leber führt. Ähnliche Schäden können anhaltender Missbrauch von Alkohol, aber auch eine falsche Ernährung mit zu viel Fett und Zucker verursachen.

Hepatitis-Viren – verschiedene Virusarten im Angriffsmodus

Vertreter ganz unterschiedlicher Virusfamilien sind am Start, um die Leber zu infizieren. Die von ihnen ausgelösten, bislang bekannten Erkrankungen der Leber bezeichnet man als Hepatitis A, B, C, D und E. Verbreitung, Übertragungswege, Vorbeugungsmaßnahmen und Behandlung dieser fünf Erkrankungen sind unterschiedlich, was die meisten aber gemeinsam haben, ist der beunruhigende Verlauf einer unentdeckten chronischen Infektion: „Von einem Absterben von Leberzellen zu einer Leberzirrhose bis hin zu einem Leberzelltumor: Die Erkrankungskette läuft immer sehr ähnlich ab und kann langfristig tödlich sein“, sagt Ralf Bartenschlager. „Aufgrund der langen Zeitspanne zwischen einer Infektion und dem Auftreten von Symptomen sowie der geringen Bekanntheit dieser Viren werden Hepatitis-Virusinfektionen der Leber in der Öffentlichkeit praktisch nicht wahrgenommen – und das, obwohl sie auch in Deutschland nicht selten sind.“ So rechnet man in Deutschland beispielsweise allein mit bis zu 500.000 Menschen, die chronisch mit dem Hepatitis C-Virus infiziert sind.

Wie kann man sich schützen?

Die gute Nachricht: Man kann sich durchaus vor Hepatitis-Virusinfektionen schützen und wer infiziert ist, kann sich behandeln lassen. Allerdings sind Übertragungswege, Schutzmaßnahmen und Therapien sehr unterschiedlich, weshalb die verschiedenen Formen ebenfalls Thema des aktuellen Vortrages von Ralf Bartenschlager sein werden. Während Hepatitis A eine klassische Reisekrankheit ist, vor der man sich mit gründlicher Hygiene schützen kann und die nicht chronisch wird, erfolgt die Ansteckung mit Hepatitis E in Europa vor allem durch Wurst und Schweinefleisch. Hepatitis B, C und D werden über Blut- und Sexualkontakte übertragen. Auch andere Körperflüssigkeiten wie Tränen, Urin, Magensaft und Muttermilch können diese Hepatitis-Viren übertragen. Insgesamt haben heutzutage vor allem medizinisches Personal, Dialysepatienten sowie Drogenabhängige ein erhöhtes Ansteckungsrisiko – Menschen, die eine Bluttransfusion bekommen, müssen sich hingegen keine Sorgen machen. „Blutspenden werden heutzutage in Deutschland auf Hepatitis B, C und E-Viren getestet. Deshalb sind Blutprodukte in Deutschland sicher“, sagt Bartenschlager.

Gegen Hepatitis A und B ist eine Impfung möglich, die Impfung gegen Hepatitis B schützt auch gegen Hepatitis D. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt die Impfung gegen Hepatitis B für alle Säuglinge. Gegen Hepatitis C und E gibt es in Europa noch keine zugelassene Impfung. Die Behandlung der virus-bedingten Hepatitis hängt von Ursache, Verlauf und Schweregrad der Erkrankung ab. In vielen Fällen müssen Leberentzündungen gezielt medikamentös behandelt werden. So erhalten Menschen mit einer chronischen Hepatitis B oder C antiviral wirkende Medikamente.

Nur Prävention und Therapie führen weiter

Obwohl in den vergangenen Jahren in den Gesundheitseinrichtungen viel zur Verbesserung der Sicherheit in Bezug auf Blut und Injektionen getan wurde, breiten sich die Viren weltweit weiter aus. Ralf Bartenschlager, der mit seiner Forschung wichtige molekulare Eigenschaften des Hepatitis-C-Virus entdeckt und entscheidend zur Entwicklung von antiviralen Medikamenten beigetragen hat: „Viele der tragischen Todesfälle aufgrund von Hepatitis könnten verhindert werden, wenn ein Impfstoff gegen Hepatitis C entwickelt, die verfügbare Hepatitis B Impfung eingesetzt, Risikogruppen getestet und Hindernisse im Zugang zur Behandlung beseitigt würden“, sagt er. „Bislang hat die Virushepatitis relativ wenig Aufmerksamkeit durch die internationale Politik erhalten. Die meisten Länder verfolgen nur zögerlich Konzepte gegen Virushepatitis – es wäre sehr wichtig, sich impfen zu lassen, Vorsichtsmaßnahmen zu beachten und ein generelles Bewusstsein für die Thematik zu entwickeln, denn mit circa einer Million Todesfälle pro Jahr ist die Virushepatitis weltweit eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Gesundheit.“

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich circa 80.000 Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg rund 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion.
www.klinikum-heidelberg.de