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Leuprorelinhaltige Arzneimittel: Medikationsfehler bei Depotzubereitungen

26.06.2020 – Position der CMDh

Neue Maßnahmen zur Vermeidung von Anwendungsfehlern bei leuprorelinhaltigen Depotarzneimitteln

Am 14. Mai 2020 empfahl der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA Maßnahmen zur Vermeidung von Anwendungsfehlern bei der Zubereitung und Verabreichung von leuprorelinhaltigen Depotarzneimitteln.

Eine Überprüfung des PRAC ergab, dass Anwendungsfehler dazu führten, dass einige Patienten unzureichende Mengen ihres Arzneimittels erhielten. Die gemeldeten Fehler umfassten die falsche Verwendung der Nadel oder Spritze, wodurch das Arzneimittel aus der Spritze auslief, sowie die nicht ordnungsgemäße Injektion von Leuprorelin.

Der Ausschuss empfahl daher, dass nur medizinisches Fachpersonal, das mit den Zubereitungsschritten für leuprorelinhaltige Depotarzneimittel vertraut ist, diese Arzneimittel zubereiten und den Patienten verabreichen sollte. Die Patienten sollten diese Arzneimittel nicht selbst zubereiten oder injizieren.

Der Ausschuss gab auch Empfehlungen für bestimmte leuprorelinhaltige Depotarzneimittel ab. Für das Arzneimittel Eligard® soll die Produktinformation mit Warnhinweisen aktualisiert werden, dass die Anweisungen für die Zubereitung und Verabreichung strikt zu befolgen und die Patienten zu überwachen sind, falls ein Anwendungsfehler aufgetreten ist. Darüber hinaus muss die Firma, die Eligard® vermarktet, die bisherige Applikationshilfe durch ein einfacher zu handhabendes Hilfsmittel ersetzen. Der Antrag für diese Änderung sollte bis Oktober 2021 eingereicht werden.

Für ein anderes Arzneimittel, Lutrate-Depot®, empfahl der PRAC, die Anweisungen zur Anwendung des Arzneimittels und die Verpackung zu überarbeiten, damit diese leichter zu befolgen sind und Anweisungen leichter zu finden sind.
Leuprorelinhaltige Depotformulierungen werden zur Behandlung von Prostatakrebs, Brustkrebs, Krankheitsbildern, die das weibliche Fortpflanzungssystems betreffen und verfrühter Pubertät eingesetzt. Mehrere Formulierungen erfordern komplexe Schritte zur Zubereitung der Injektion.

Die PRAC-Empfehlungen wurden von der Koordinierungsgruppe der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh)1 im Konsens angenommen und werden direkt auf nationaler Ebene umgesetzt.

1Die CMDh ist ein Gremium, das die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sowie Island, Liechtenstein und Norwegen vertritt.

Informationen für Patienten

  • Fehler bei der Anwendung leuprorelinhaltiger Depotarzneimittel (die auf eine lange Wirkdauer ausgelegt sind) können die Wirksamkeit vermindern.
  • Diese Arzneimittel sollten nur von einem Arzt oder einer Pflegekraft zubereitet werden, die Erfahrung mit der Anwendung dieser Arzneimittel hat. Sie sollten diese Arzneimittel nicht selbst zubereiten oder injizieren.
  • Wenn Sie Bedenken bezüglich Ihrer Behandlung haben, besprechen Sie diese bitte mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

Informationen für Angehörige der Heilberufe

  • Leuprorelinhaltige Depotarzneimittel sollten nur von Angehörigen der Heilberufe zubereitet und verabreicht werden, die mit der Zubereitung und Anwendung vertraut sind. Patienten sollten das Arzneimittel nicht selbst injizieren.
  • Diese Empfehlungen folgen einer Überprüfung von Berichten über Anwendungsfehler bei Depotformulierungen von leuprorelinhaltigen Arzneimitteln, die zu einer Unterdosierung und mangelnder Wirksamkeit führen könnten.
  • Anwendungsfehler hängen mit der Komplexität des Rekonstitutionsprozesses zusammen, der bei einigen leuprorelinhaltigen Depotformulierungen mehrere Schritte umfasst. Zu den gemeldeten Anwendungsfehlern gehören die falsche Verwendung von Spritze oder Nadel (wodurch das Arzneimittel aus der Spritze ausläuft), eine unzureichende Rekonstitution und eine falsche Injektion des leuprorelinhaltigen Implantats.
  • Für Eligard®, das zur Behandlung von fortgeschrittenem hormonabhängigem Prostatakrebs eingesetzt wird, werden Warnhinweise in die Fachinformation aufgenommen, um die Angehörigen der Heilberufe über Fälle von Anwendungsfehlern zu informieren und sie daran zu erinnern, die Anweisungen für die Zubereitung und Verabreichung des Arzneimittels strikt zu befolgen. Im Falle eines vermuteten oder bekannten Anwendungsfehlers mit dem Arzneimittel sollten die Patienten angemessen überwacht werden.
  • Die Firma, die Eligard® vermarktet, wurde gebeten, die Applikationshilfe so zu modifizieren, dass die hohe Zahl der Zubereitungsschritte reduziert wird. Der Antrag für diese Änderung sollte innerhalb von 18 Monaten eingereicht werden.
  • Die Anweisungen zur Anwendung von Lutrate Depot® werden überarbeitet, um sie leichter verständlich zu machen, und die Verpackung wird geändert, um den Zugang zu diesen Anweisungen zu erleichtern.

Ein Rote-Hand-Brief wird zu gegebener Zeit an das medizinische Fachpersonal versendet, das diese Arzneimittel abgibt oder verabreicht. Er wird anschließend auf der BfArM-Homepage und auf der EMA-Website (englische Fassung) veröffentlicht werden.

Mehr über die Arzneimittel

Depotzubereitungen leuprorelinhaltiger Arzneimittel werden unter die Haut oder intramuskulär injiziert und geben den Wirkstoff nach und nach über einen Zeitraum von 1 bis 6 Monaten frei. Diese Zubereitungen werden zur Behandlung von Prostatakrebs, Brustkrebs, Krankheitsbildern, die das weiblichen Fortpflanzungssystems betreffen (Endometriose und Uterusfibrose) sowie verfrühter Pubertät eingesetzt. Sie umfassen sowohl Implantate sowie Pulver und Lösungsmittel für die Vorbereitung von Injektionen.

Leuprorelinhaltige Arzneimittel sind auch zur täglichen Injektion verfügbar. Diese Zubereitungen unterliegen aber nicht der Überprüfung, da keine Berichte über Medikationsfehler mit diesen Zubereitungen vorliegen.

Leuprorelinhaltige Arzneimittel sind national zugelassen worden. Sie werden in vielen Staaten der EU unter zahlreichen Handelsnamen (einschließlich Eligard®, Eliprogel® Enantone®, Ginecrin®, Lupron®, Lutrate®, Politrate® und Procren®) in Verkehr gebracht.

Mehr über das Verfahren

Die Überprüfung leuprorelinhaltiger Depotzubereitungen gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG wurde auf Antrag Deutschlands gestartet.

Die Überprüfung wurde vom PRAC durchgeführt, der für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständig ist und der eine Reihe von Empfehlungen abgegeben hat.

Da alle leuprorelinhaltigen Arzneimittel national zugelassen sind, wurden die Empfehlungen des PRAC an die CMDh weitergeleitet, die die Empfehlungen am 24. Juni 2020 im Konsens annahm. Die CMDh ist ein Gremium, das die EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen vertritt. Sie ist dafür verantwortlich, harmonisierte Sicherheitsstandards für Arzneimittel zu gewährleisten, die im Rahmen nationaler Verfahren zugelassen sind.

Die PRAC-Empfehlungen werden nun von den EU-Mitgliedstaaten, Island, Liechtenstein, Norwegen und dem Vereinigten Königreich2 umgesetzt.

2 Seit dem 1. Februar 2020 ist das Vereinigte Königreich kein EU-Mitglied mehr. Während der Übergangszeit gilt für das Vereinigte Königreich jedoch weiterhin EU-Recht.

Hinweis:

Die pharmazeutischen Unternehmer, an die der Stufenplanbescheid gerichtet sein wird, werden gebeten, die Änderungen in den Produktinformationen mit der Funktionsstruktur-Nummer (SKNR) 6323 (Stichwort „Leuprorelin – Anwendungsfehler“) anzuzeigen.

15.05.2020 – Empfehlung des PRAC

14.06.2019 – Start des Verfahrens

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden:

Leuprorelin-containing depot medicinal products