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Künstliche Intelligenz im Kampf gegen das Coronavirus

Gemeinsames Forschungsprojekt des Universitätsklinikums Ulm und der Technischen Hochschule Ulm

Ein Notfallpatient mit Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion trifft in einer Klinik ein. Für den weiteren Behandlungsverlauf ist die Einschätzung, ob es sich tatsächlich um eine Covid-19-Infektion handelt, essentiell. Dabei könnte in Zukunft Künstlicher Intelligenz (KI) eine wesentliche Rolle zukommen: Sie soll Mediziner*innen bei der Ersteinschätzung der vorliegenden Erkrankung unterstützen.

Im Rahmen eines gemeinsamen Projekts erforschen Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Ulm und der Technischen Hochschule Ulm (THU), inwiefern sich mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und Röntgenaufnahmen der Lunge Aussagen über eine vorliegende Coronavirus-Infektion treffen lassen. „Unser Ziel ist es, die Künstliche Intelligenz so zu trainieren, dass sie feststellen kann, ob die Patientin oder der Patient an einer Lungeninfektion leidet, ob es sich dabei um Covid-19 handelt und falls ja, wie schwer die Infektion ist und welcher Teil der Lunge befallen ist“, erklärt Professor Dr. Meinrad Beer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Ulm. „Röntgenaufnahmen bieten bei der Versorgung von Lungeninfektionen wie Covid-19 große Vorteile. Sie sind schneller als die meisten anderen Verfahren, flexibel einsetzbar und nur mit einer geringen Strahlenexposition verbunden. Die Bildanalyse mittels Künstlicher Intelligenz wird diese Vorteile noch weiter verstärken zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten“, so Professor Beer weiter, der die Studie leitet.

Für die Auswertung der Röntgenaufnahmen trainieren Professor Dr. Reinhold von Schwerin und Doktorand Daniel Schaudt von der THU eine Künstliche Intelligenz, die mithilfe eines besonderen Deep Learning Verfahrens, dem sogenannten Transfer Learning, bereits mit wenigen Trainingsdaten vielversprechende Ergebnisse liefern kann. Bei dieser Technik werden vortrainierte vielschichtige (auch: tiefe) Netze, die bereits gelernt haben, welche Merkmale in einem Bild wichtig sind, auf ein spezielles Problem adaptiert. „Die stetig steigenden Möglichkeiten der durch Künstliche Intelligenz gestützten Bildanalyse sind auch auf Röntgenbilder anwendbar. Erste Versuche an der THU mittels Convolutional Neural Networks , einem speziellen, in der Bildanalyse häufig eingesetzten Deep Learning Verfahren, haben gezeigt, dass Künstliche Intelligenz eine erste Einschätzung über das Vorliegen einer Coronavirus-Erkrankung geben kann“, sagt Professor von Schwerin. Für das Training der KI ist ein zeitnahes Heranziehen von  anonymisierten Röntgenaufnahmen der Lunge von 1500 Patient*innen der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie in den nächsten Monaten geplant. Bevor die KI mithilfe der Aufnahmen lernen kann, ist aber medizinisches Wissen gefragt. Die klinischen Informationen zu den Röntgenbildern sollen von Doktorand Andreas Hinteregger und Facharzt Dr. Christopher Kloth aus der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie zusammengetragen werden. „Wir werden die Lungenkonturen und die Infiltrate, also die entzündlichen Veränderungen des Lungengewebes durch Covid-19 auf den Röntgenbildern einzeichnen, damit die Software daraus lernt und anschließend diese jeweils selbstständig erkennen kann“, erläutert Dr. Kloth.

Doktorand Daniel Schaudt beschäftigt sich bereits seit Ende 2019 mit dem Netzwerk, das nun zum Einsatz kommt. „Momentan prüfen wir, welche Möglichkeiten zur Strukturierung der Röntgenaufnahmen für das Training zielführend sind. Dazu zählt beispielsweise eine Strukturierung nach bestimmten Sektoren der Lunge. Wir hoffen so, den Infektionsherd einer Covid-19-bedingten Lungenentzündung genauer lokalisieren zu können“, erklärt der Informatiker.

Mit ersten Ergebnissen rechnen die Wissenschaftler in den nächsten Monaten.