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Neue Hämophilie-B-Therapie startet in Phase-III-Studie

Hämophilie ist eine Erbkrankheit, die eine Störung der Blutgerinnung nach sich zieht. Das Blut der Betroffenen gerinnt entweder gar nicht oder nur verzögert. Bisher wurden die meisten Patienten mit einer sehr kostspieligen, lebenslangen Substitutionstherapie behandelt. Die Abteilung für Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) beschreitet nun in einer Phase-III-Studie mit einer viralen Gentherapie neue Behandlungswege.

Sie ist angeboren und bringt für die Betroffenen schon im Kindesalter Belastungen mit sich: Spontanblutungen, starke Blutungen nach Bagatelltraumata, großflächige Hämatome, Gelenkeinblutungen oder auch innere Blutungen sind symptomatisch für Patienten, die an einer Hämophilie leiden. Dies führt unweigerlich zu Einschränkungen in der Entwicklungt und später im Berufsleben, denn schon kleine Verletzungen können fatale Folgen haben. „In der Regel benötigen Hämophilie-Patienten eine Faktor-Substitutionstherapie. Dabei müssen lebenslang Gerinnungsfaktoren gegeben werden, um den Gerinnungsdefekt durch Ersatz des fehlenden Faktors zu behandeln“, erklärt Professor Dr. Selim Corbacioglu, Leiter der Abteilung für Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation des UKR.

Eine Hämophilie wird je nach defektem Faktor in die Kategorien A (Faktor VIII), B (Faktor IX) oder C (Faktor XI) unterteilt. „Unser gentherapeutischer Ansatz erlaubt es uns, in der Behandlung des Faktors IX neue Wege zu beschreiten. Wir können jetzt die Hämophilie B durch eine Virus-basierte Gentherapie heilen, wodurch die lebenslange Faktor-Substitution entfällt. Ein viraler Vektor (der Postbote, in diesem Fall Adeno-assoziierte Viren) bringt die genetische Information (der Bauplan) des korrekten und funktionstüchtigen Faktors in die defekten Leberzellen ein, wo die zelleigene Maschinerie mit diesem Bauplan beginnt, den funktionstüchtigen Wirkstoff (Faktor IX) zu produzieren. Dieses Behandlungsmodell bringt den Patienten eine klinisch nachhaltige Verbesserung der Beschwerden.“

Verringerung der Nebenwirkungen und schnelle Hilfe

Hämophilie A und B sind X-chromosomal-rezessiv vererbte Gerinnungsdefekte, welche dadurch fast nur das männliche Geschlecht betreffen, da Männer nur ein X-Chromosom besitzen. Während bei der Hämophilie A der Mangel das antihämophile Globulin (Faktor VIII) betrifft, trifft der Mangel bei der Hämophilie B den Christmas-Faktor (Faktor IX).

Beide Faktoren sind wesentlich für die Blutstillung verantwortlich. Bislang wurde die Hämophilie B ausschließlich durch einen lebenslangen und sehr kostspieligen Ersatz des Christmas-Faktors therapiert. Konkret heißt das, dass die Betroffenen in regelmäßigen Abständen den fehlenden Gerinnungsfaktor infundiert bekommen müssen. Nicht selten reicht die verbliebene Aktivität der substituierten Faktoren nicht aus, um schwerwiegende Blutungen wie nach einem auch nur banalen Sturz zu verhindern, so dass viele notfallmäßige Krankenhausaufenthalte die Regel sind. Für die Betroffenen sind oft schon einfache körperliche Betätigungen oder leichter Sport gefährlich. . Die Lebensqualität dieser Patienten ist teils erheblich beeinträchtigt. „Ziel unseres gentherapeutischen Ansatzes ist es, gefährliche Begleiter der Hämophilie wie Gehirnblutungen oder verstümmelnde Gelenkblutungen deutlich zu reduzieren und den Patienten von Kindheit an mehr Lebensqualität zu ermöglichen. Als Nebeneffekt senken wir mit einer Einmal-Therapie zugleich die teils siebenstelligen Kosten der bisherigen lebenslangen Behandlungen“, erklärt Professor Corbacioglu.

Erste Studienergebnisse lassen auf dauerhafte medizinische Verbesserung hoffen

Neben der Akut-Linderung und der Reduktion von begleitenden Gefahren stehen die dauerhafte Verbesserung der Gesundheit und somit auch die Lebensqualität ganz oben auf der Agenda von Professor Corbacioglu und seinem Team. Erste Langzeit-Studienergebnisse lassen durchaus hoffen, dass dieses Vorhaben mit Hilfe der Gentherapie gelingt.