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Eine problematische Wendung: Brustkrebs manipuliert die Vorläufer von Killerzellen, um krebsfördernde Eigenschaften zu erwerben

Regulatorische T-Zellen (Treg) sind eine besondere Art von Immunzellen, die Organe vor fehgeleiteten Angriffen des eigenen Immunsystems schützen. Allerdings hemmen diese Zellen auch die Immunabstoßung von Tumoren und setzen krebsfördernde Moleküle frei. Dies stellt ein großes Hindernis für die Krebsimmunität dar. Treg-Zellen werden in großer Anzahl in Tumoren gefunden und gehen mit einer geringeren Lebenserwartung einher. Wie sich diese Zellen in menschlichen Tumoren anreichern, war bisher unklar. RCI-Wissenschaftler fanden nun heraus, dass Brustkrebs die Vorläuferzellen der tumorabstoßenden Immun-Killerzellen in Treg-Zellen umwandeln kann, die das Tumorwachstum begünstigen. Die Erkenntnisse sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem RCI, dem Wellcome Sanger Institute (Camebridge, Großbritannien) und dem NCT/DKFZ (Heidelberg). Die Studie ist jetzt in der Zeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Das menschliche Immunsystem ist mit T-Zellen „bewaffnet“, die über den T-Zell-Rezeptor (TCR) sowohl fremde als auch Krebsmoleküle von eigenem, gesundem Gewebe unterscheiden können. Jede T-Zelle ist mit einem einzigartigen TCR-„Fingerabdruck“ ausgestattet, der bestimmte Krebsmoleküle erkennt und bindet, was zur Aktivierung der T-Zelle führt. Während Killer-T-Zellen Tumoren erkennen und zerstören, hemmen Treg-Zellen die Funktion der Killer-T-Zellen, um gesundes Gewebe vor Schäden zu schützen, aber sie behindern auch die Tumor-Abstoßung.

Mit Hilfe von Laserstrahlen isolierte Dr. Maria Xydia am RCI Regensburger Centrum für Interventionelle Immunologie einzelne T-Zellen aus Tumoren und Blut von Brustkrebspatientinnen und sequenzierte das genetische Material jeder Zelle separat, um ihren TCR-Fingerabdruck zu identifizieren. Sie entdeckte, dass die Treg-Zellen in den Tumoren keinen gemeinsamen Fingerabdruck mit den im Blut zirkulierenden Zellen haben. „Wir waren von diesen Ergebnissen überrascht, da Wissenschaftler bisher glaubten, dass sich Treg-Zellen durch eine Einwanderung aus dem Blut in Tumoren anreichern“, erklärt Dr. Xydia. Unerwarteterweise teilten die Killer-T-Zellen und die Treg-Zellen, die die Tumoren infiltrierten, viele Fingerabdrücke, was darauf hindeutet, dass sie aus derselben T-Zelle hervorgegangen sind. Als Dr. Xydia die in jeder Zelle exprimierten Gene genauer untersuchte, konnte sie deren gemeinsamen Vorfahren identifizieren. Hierbei handelt es sich eigentlich um Vorläuferzellen von Killerzellen, die erst vor kurzem im Tumor aktiviert wurden, aber offenbar nicht immer zu Killerzellen werden. „Eine gemeinsame Vorläufer-Signatur zwischen immunsuppressiven Treg- und Killerzellen identifiziert zu haben, ist eine Entdeckung von grundlegender Bedeutung, weil sie uns in die Lage versetzen wird, die Faktoren zu identifizieren, die das Gleichgewicht in Richtung einer vorteilhaften Killer-T-Zell-Entwicklung zur Ausrottung von Tumoren kippen können“, erläutert Professor Dr. Philipp Beckhove, der Seniorautor der Studie.

Die Forscher wollen nun im nächsten Schritt untersuchen, welche Moleküle die gemeinsamen Vorläufer dazu bringen, sich eher zu tumorfördernden Treg-Zellen als zu Killerzellen zu entwickeln. „Die bioinformatische Analyse sagt voraus, dass möglicherweise mehr als tausend Gene an dieser Entscheidung beteiligt sind. Solche Faktoren können mit Medikamenten, Antikörpern oder gentechnisch veränderten Killer-T-Zellen blockiert werden, um die Wirksamkeit der Krebsimmuntherapie zu erhöhen“, führt Dr. Xydia aus. Schließlich möchten sie ihre Analysen auf andere Tumorarten ausweiten, um festzustellen, ob die Umwandlung von Killer-Vorläuferzellen in Suppressor-Treg-Zellen auch für andere Krebsarten relevant ist.

Über das RCI

Das RCI Regensburger Centrum für Interventionelle Immunologie ist ein außeruniversitäres Forschungszentrum. Es konzentriert sich auf die translationale Immunologie in den Bereichen Krebsimmuntherapie, chronische Entzündungen und Autoimmunität. Sein Ziel ist es, wirksame zelluläre Immuntherapien in diesen Bereichen zu entwickeln.

Referenz:

Xydia M., Rahbari R., Ruggiero E., Macaulay I., Tarabichi M., Lohmayer R., Wilkening S., Michels T., Brown D., Vanuytven S., Mastitskaya S., Laidlaw S., Grabe N., Pritsch M., Fronza R., Hexel K., Schmitt S., Müller-Steinhardt M., Halama N., Domschke C., Schmidt M., von Kalle C., Schütz F., Voet T. and Beckhove P. Common clonal origin of conventional T cells and induced regulatory T cells in breast cancer patients. Nat Commun 12, 1119 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-21297-y

www.nature.com/articles/s41467-021-21297-y