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Corona-Krise bringt Innovationsschub für das Gesundheitssystem

•    DAK-Gesundheitsreport 2021 analysiert Versorgung der Erwerbstätigen während der Pandemie
•    17 Prozent haben trotz Krankheit auf Arztbesuch verzichtet
•    Über 80 Prozent wollen Krankschreibung über Telefon- und Videosprechstunden

Nach den Erfahrungen aus der Pandemie ist die große Mehrheit von über 80 Prozent der Erwerbstätigen bereit, sich eine Krankschreibung über ein ärztliches Telefonat oder eine Videosprechstunde zu holen – ein Viertel ohne Beschränkung auf bestimmte Erkrankungen. Erwerbstätige schätzen am fernmündlichen oder virtuellen Arztkontakt, dass das Ansteckungsrisiko entfällt und im Vergleich zum persönlichen Praxisbesuch Zeit eingespart wird. Das zeigt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport „Corona-Krise und Digitalisierung“. „Die Menschen sind heute offener für neue intelligente Wege der ambulanten medizinischen Versorgung als vor der Pandemie“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Wir sollten aus den Erfahrungen der Corona-Krise lernen und sie für einen Innovationsschub im Gesundheitssystem nutzen.“

Zu Beginn der Pandemie reagierten die Beschäftigte in Deutschland sehr deutlich auf die veränderte Versorgungssituation. Sie waren seltener bei ihrem behandelnden Arzt oder ihrer Ärztin in der Praxis: Die Anzahl der Arztkontakte lag im Frühjahr 2020 um mehr als ein Fünftel unter dem Niveau der Vorjahre (minus 22 Prozent)). Jeder und jede sechste Beschäftigte verzichtete trotz Krankheit und dem Wunsch nach ärztlichem Rat auf einen Praxisbesuch. „Die ambulante ärztliche Versorgung stand in der Pandemie vor großen Herausforderungen“, so Andreas Storm. „Vor diesem Hintergrund hat das ganze System verstärkt Erfahrungen mit telematischer und digitaler Versorgung gesammelt. Das hohe Potenzial zur Entlastung der Praxen und der Beschäftigten ist so klar geworden wie noch nie.“

Für den Gesundheitsreport 2021 hat die Krankenkasse durch das Berliner IGES Institut untersuchen lassen, wie gut die Beschäftigten durch die Corona-Krise gekommen sind und was sich aus der Pandemie für ein digitaleres Gesundheitssystem lernen lässt. Dazu wurden anonymisierte Daten von über 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten ausgewertet und rund 7.000 erwerbstätige Frauen und Männer im Alter von 18 bis 65 Jahren durch das Forsa-Institut repräsentativ befragt. Nach den Reportergebnissen wirkte sich beim Zugang zur ambulanten medizinischen Versorgung die Pandemie nicht auf alle Beschäftigten gleich stark aus. So gab es beispielsweise einen besonders deutlichen Rückgang an Arztkontakten (minus 28 Prozent) im März und April 2020 bei Erwerbstätigen mit komplexen chronischen Erkrankungen. Zu diesem Typ zählt der Report alle, die dauerhaft wegen mindestens einer schwerwiegenden Erkrankung in Behandlung und jedes Jahr mindestens 21 Tage oder mindestens fünf Mal krankgeschrieben sind. Verschiebbare Leistungen, zum Beispiel zur Früherkennung, nahmen hingegen alle Erwerbstätigen gleichermaßen wenig in Anspruch. Im Bereich Vorsorge gab es 2020 bei der DAK-versicherten Erwerbstätigen einen Rückgang um bis zu 73 Prozent im Vergleich zu 2018 und 2019.

Vor dem Hintergrund, dass Praxisbesuche 2020 zeitweise mit besonderen Hürden verbunden waren, kam es verstärkt zu einer telematischen Versorgung der Erwerbstätigen. So verfünffachten sich ab Anfang März 2020 die telefonischen Arztkontakte der DAK-versicherten Erwerbstätigen gegenüber den beiden Vorjahren. Ab der zweiten Märzhälfte 2020 stiegen auch die Arztkontakte per Videosprechstunde erkennbar an und verdoppelten sich innerhalb von zwei Wochen. „Videosprechstunden können vor allem für Kontrolltermine und für die Besprechung von Befunden eine angemessene Alternative zur persönlichen Vorstellung in der Arztpraxis darstellen stellen – bei sehr guter Vereinbarkeit mit den Arbeitszeiten der Erwerbstätigen“, so Storm.

Vom Gemeinsamen Bundesausschuss wurde zu Beginn der Pandemie eine Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung beschlossen. Sie galt mit Unterbrechungen seit dem 9. März 2020 und wurde zuletzt bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Männer und Frauen können sich bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege telefonisch krankschreiben lassen, wenn kein Verdacht auf eine Corona-Infektion gegeben ist. Die Krankschreibung erfolgt für bis zu sieben Kalendertage und lässt sich bei Bedarf einmal um weitere sieben Tage verlängern. Die DAK-Versicherten haben von der Sonderregelung ab Mitte März 2020 häufiger Gebrauch gemacht. Bei leichten Erkältungskrankheiten betrug der Anteil telefonischer Krankschreibungen im Frühjahr 2020 bis zu 13 Prozent.

An der sogenannten Telefon-AU schätzen die Erwerbstätigen vor allem den Wegfall des Ansteckungsrisikos (81 Prozent). „Zu Recht“, befindet Andreas Storm. „Eine Ansteckungsgefahr besteht ja nicht nur bei Corona, sondern auch bei anderen Infektionskrankheiten. Auch wenn Magen-Darm-Infekte beispielsweise nicht so gravierend sind, müssen auch hiervor Praxispersonal und andere Patientinnen und Patienten geschützt werden.“
Zeitersparnis ist für Berufstätige ebenfalls ein wichtiges Argument für die Telefon-AU – zumal viele nur wegen der Krankschreibung überhaupt den Arztkontakt suchen. Vier von zehn geben an, beim letzten Mal nur wegen einer Krankschreibung in der Praxis gewesen zu sein. „Wir wissen es auch aus früheren Studien: Ein erheblicher Teil der bei uns in Deutschland sehr hohen Zahl von Arztkontakten ist darauf zurückzuführen, dass die Menschen für ihren Arbeitgeber eine Krankschreibung benötigen“, betont Storm. „Es sollte in Zukunft leichter sein, auch digitale Kommunikationswege zu wählen, die es dem Arzt oder der Ärztin erlauben, sich ein Bild über die Notwendigkeit einer Krankschreibung zu machen.“

Als Nachteil einer rein telemedizinischen Konsultation sieht die große Mehrheit der befragten Erwerbstätigen, dass möglicherweise ernst zu nehmende Beschwerden unentdeckt bleiben und Krankheiten verschleppt werden könnten. Zudem befürchten 62 Prozent einen Missbrauch zum Blaumachen. Bei einer Krankschreibung nach Videosprechstunde sehen weniger Beschäftigte dieses Risiko (54 Prozent). Videosprechstunden könnten aus Sicht der Erwerbstätigen weiter zu einem digitalen Gesamtangebot ausgebaut werden: Möglichkeiten wie eine Onlineterminvereinbarung, elektronische Rezepte zu bekommen oder digitale Überweisungen an Facharztpraxen würden die Videosprechstunde zusätzlich attraktiv machen.

„Die stärkere Nutzung von telematischen und digitalen Ansätzen ist wichtig für eine zielgenauere Versorgung, gerade im ambulanten Bereich. Moderne Lösungen gehen mit der Chance einher, dass die knappen Ressourcen unseres Gesundheitswesens – beispielsweise persönliche Arztkontakte und Praxisbesuche – verstärkt denjenigen zugutekommen, die diese besonders benötigen. Besonders gefährdete Gruppen werden auch vor Infektionen geschützt, wenn Menschen mit unkomplizierten Akuterkrankungen auf Videosprechstunde und andere Möglichkeiten ausweichen“, so Storm. „Für die Zeit nach der Pandemie ist es sinnvoll, verstärkt auf die Krankschreibung per Videosprechstunde zu setzen.“

Die DAK-Gesundheit hat zur Förderung der Entwicklung digitaler Innovationen mit einem Anbieter für ärztliche Videosprechstunden per App einen Vertrag abgeschlossen. DAK-versicherte Patientinnen und Patienten können sich über die Smartphone-App Kry zu einem vereinbarten Termin mit einem zugelassenen Arzt oder einer Ärztin treffen. Bei Bedarf bekommen sie bei dieser Videobesprechung auch eine digitale Krankschreibung, ein Rezept oder eine Überweisung. Mehr Informationen unter: www.dak.de/kry

Der aktuelle DAK-Gesundheitsreport „Corona-Krise und Digitalisierung“ untersucht umfassend, wie Erwerbstätige in der Pandemie das System der ambulanten medizinischen Versorgung genutzt haben – abhängig von ihrem gesundheitlichen Zustand. Für die Untersuchung wurden ambulante Daten und Daten zur Arbeitsunfähigkeit von über 2,4 Millionen erwerbstätigen Versicherten der DAK-Gesundheit vom IGES Institut in Berlin ausgewertet. Eine repräsentative Befragung von rund 7.000 Beschäftigten im Alter von 18 bis 65 Jahre sowie eine Expertenbefragung geben Aufschluss über Erfahrungen mit einer stärker telematischen Versorgung sowie über die Bereitschaft, diese künftig zu nutzen.