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Weltrheumatag: Wenn eine Genveränderung schwere Entzündungen auslöst

Fragen an… Dr. Martin Krusche und Dr. Tingting Xiong

Rund 1,8 Millionen Menschen sind von entzündlichem Rheuma betroffen. Sie haben teilweise starke Schmerzen, leiden unter Erschöpfung und beruflichen Einschränkungen. Im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) werden vor allem Patient:innen mit besonders seltenen rheumatischen Erkrankungen behandelt – unter anderem auch Menschen mit dem VEXAS-Syndrom. Anlässlich des Weltrheumatages am 12. Oktober erklären Dr. Martin Krusche, stellvertretender Leiter der Sektion Rheumatologie der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE, und Dr. Tingting Xiong, Oberärztin in der Sektion Rheumatologie, wie das Syndrom diagnostiziert und behandelt werden kann.

Welche seltenen rheumatischen Erkrankungen gibt es?

Dr. Martin Krusche: Neben den bekannten Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis gibt es eine Vielzahl seltener rheumatischer Krankheitsbilder. Dazu zählen unter anderem Vaskulitiden (Entzündungen der Blutgefäße), autoinflammatorische Syndrome wie das VEXAS- oder das Still-Syndrom sowie Bindegewebserkrankungen wie die Sklerodermie oder der systemische Lupus erythematodes.

Was genau ist das VEXAS-Syndrom?

Dr. Tingting Xiong: Das VEXAS-Syndrom ist eine erst 2020 beschriebene, seltene entzündliche Erkrankung. Sie wird durch eine erworbene Veränderung im UBA1-Gen verursacht und führt zu wiederkehrenden, schwer verlaufenden Entzündungen, Blutbildveränderungen und teils lebensbedrohlichen Komplikationen.

Wie lässt sich das VEXAS-Syndrom diagnostizieren?

Dr. Krusche: Die Diagnose ist herausfordernd, da die Symptome unspezifisch sein können. Typisch sind wiederkehrende Fieberschübe, Hautentzündungen, Gelenkbeschwerden und Blutbildveränderungen. Gewissheit bringt letztlich nur eine genetische Untersuchung, bei der die Mutation im UBA1-Gen nachgewiesen wird.

Wie kann das VEXAS-Syndrom behandelt werden?

Dr. Xiong: Bisher stehen vor allem entzündungshemmende und immunsuppressive Medikamente wie Kortikosteroide im Vordergrund. Zusätzlich kommen auch Therapien aus der Rheumatologie etwa Biologika und JAK-Inhibitoren sowie aus der Hämatologie, zum Beispiel Medikamente zur Stabilisierung des Blutbildes, zum Einsatz. Neuere zielgerichtete Therapien werden derzeit in Studien erprobt. Bei schwerem Verlauf kann in Einzelfällen eine Knochenmarktransplantation eine Option sein.

Wo finden Betroffene Hilfe?

Dr. Krusche: Patient:innen mit seltenen rheumatischen Erkrankungen sollten sich an spezialisierte Zentren wenden, etwa das UKE. Dort arbeiten Fachbereiche wie Rheumatologie, Hämatologie und Humangenetik eng zusammen, um eine präzise Diagnose und eine individuell abgestimmte Behandlung zu ermöglichen. Betroffene mit VEXAS-Syndrom können sich zudem im Deutschen VEXAS-Register über ihre Erkrankung informieren und wohnortnahe Anlaufstellen finden.

Welche Rolle spielt das Motto „Time to Work“ für Betroffene seltener rheumatischer Erkrankungen?

Dr. Xiong: Gerade Menschen mit seltenen rheumatischen Erkrankungen stoßen auf besondere Hürden: späte Diagnosen, unklare Krankheitsverläufe und begrenzte Therapiemöglichkeiten. Deshalb ist es wichtig, sie durch gezielte medizinische Betreuung, Aufklärung und sozialmedizinische Unterstützung zu begleiten – damit sie ihren Arbeitsplatz sichern oder wieder in den Beruf zurückkehren können. Im Zentrum der Behandlung steht nicht nur die medizinische Versorgung, sondern auch die Unterstützung im Alltag. Das Motto des Weltrheumatags erinnert daran, dass Teilhabe am Arbeitsleben ein wesentlicher Bestandteil von Lebensqualität ist.

Weitere Informationen unter  www.uke.de/rheumatologie