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Was Menschen mit Diabetes in den Wintermonaten beachten sollten

Eiszeit für den Blutzucker

Berlin Tiefe Temperaturen können für die über 9 Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland zur Belastung werden. Frost beeinträchtigt die Wirksamkeit von Insulin und die Funktion von Messgeräten. Gleichzeitig schwanken die Blutzuckerwerte stärker, insbesondere bei wechselhaften Temperaturen. Menschen mit Nervenschäden wie einer diabetischen Polyneuropathie spüren Kälte oft kaum – mit möglichen Folgen wie schlecht heilende Wunden, Risse an der Haut oder langwierige Entzündungen. Der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD) erklärt, wie Betroffene sicher durch die kalte Jahreszeit kommen.

Insulin ist kälteempfindlich: Unter +2 Grad Celsius kann es einfrieren und verliert dann seine Wirkung, auch wenn es äußerlich unverändert erscheint. Blutzuckermessgeräte, Teststreifen und Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) reagieren ebenfalls empfindlich auf Kälte: Schläuche von Insulinpumpen können steif werden und abknicken. „Insulin und Technik sollten im Winter immer nah am Körper getragen werden, damit sie nicht auskühlen“, sagt Yvonne Häusler, Vorstandsmitglied des VDBD und Diabetesberaterin DDG an den DRK Kliniken Berlin. Sie betont, dass durch die Kälte bedingte, fehlerhafte Messwerte zu falschen Insulindosierungen führen können.

Kälte bringt den Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht

Der Körper verbraucht bei niedrigen Temperaturen mehr Energie, um warm zu bleiben. Das kann den Blutzucker senken. Gleichzeitig lässt Kälte die Produktion von Stresshormonen steigen, die wiederum die Wirkung von Insulin abschwächen. Beides kann also zu größeren Schwankungen führen. Hinzu kommt: Wer sich weniger bewegt, sollte berücksichtigen, dass längere Ruhephasen die Werte ebenfalls wiederum steigen lassen können. Die VDBD-Expertin Häusler rät daher, im Winter häufiger manuell zu messen oder die Kurven des Glukosesensors im Auge zu behalten.

Polyneuropathie erschwert die Wahrnehmung von Kälte

Viele Menschen mit Diabetes entwickeln eine Polyneuropathie, also eine Schädigung der Nerven. Dadurch spüren sie Hitze, Kälte oder Druck schlechter. „Viele spüren nicht einmal, wenn ihre Füße im Winter zu kalt werden“, erklärt Häusler. Gleichzeitig belastet die Kombination aus trockener Kälte draußen und warmer Heizungsluft drinnen die Haut zusätzlich. Das erhöht das Risiko für unbemerkte Erfrierungen, Risse oder Druckstellen. Sie empfiehlt daher, die Füße täglich zu kontrollieren und Winterschuhe sorgfältig auszuwählen. Sie sollten warmhalten, aber nicht drücken oder Reibung verursachen. Auch Socken aus wärmenden, atmungsaktiven Materialien helfen, die Haut zu schützen.

Infekte belasten den Stoffwechsel

Erkältungen und Grippe kommen im Winter häufiger vor und treiben den Blutzucker in die Höhe. „Eine vitaminreiche Ernährung mit Wintergemüse wie Grünkohl, Pastinaken, Rosenkohl oder Rotkohl kann das Immunsystem unterstützen. Bewegung an der frischen Luft wirkt einem `Winterblues´ entgegen und hilft überdies dem Stoffwechsel“, ergänzt Kathrin Boehm, VDBD-Vorstandsvorsitzende.

Auch bei Infekten sollten Betroffene ihren Blutzucker öfter kontrollieren und ausreichend trinken. Wenn Werte über längere Zeit erhöht bleiben, ist es sinnvoll, den Rat des Diabetesteams einzuholen.

Kinder mit Diabetes brauchen im Winter besondere Aufmerksamkeit

Kinder bewegen sich draußen oft intensiv oder verbringen viel Zeit im Warmen. Beides kann die Glukosewerte verändern. Beim Schlittenfahren, Skifahren oder einer Schneeballschlacht sinkt der Blutzucker häufig. Längeres Sitzen drinnen führt dagegen eher zu hohen Werten. „Insulin kühlt im Schulranzen sehr schnell aus, besonders in Außentaschen. Im Winter gehört es gut isoliert und möglichst körpernah verstaut“, erklärt Häusler. Eltern sollten vor und nach Outdooraktivitäten die Werte ihrer Kinder prüfen, schnelle Kohlenhydrate mitgeben und nasse Kleidung zügig wechseln. Und auch hier gilt: Die Haut von Kindern ist im Winter trocken und braucht besondere Pflege – insbesondere an den Einstichstellen.

Über den Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD):

Als Verband der Diabetesberatungs- und Schulungskräfte VDBD stärken wir das Berufsbild der Diabetesfachkräfte im Gesundheitswesen und vertreten die Interessen unserer Mitglieder. Evidenzbasierte Diabetesschulung und -beratung hat zum Ziel, Menschen mit Diabetes zu befähigen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten und ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. Dabei unterstützen und begleiten Diabetesfachkräfte sie aktiv, alltagstaugliche Lösungen zu finden, ihre Gesundheitskompetenz zu stärken und ihr Selbstmanagement der chronischen Erkrankung zu optimieren.