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Leuprorelinhaltige Arzneimittel: Medikationsfehler bei Depotzubereitungen

15.05.2020 – Empfehlung des PRAC

PRAC empfiehlt neue Maßnahmen zur Vermeidung von Anwendungsfehlern

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA empfiehlt Maßnahmen zur Vermeidung von Anwendungsfehlern bei der Zubereitung und Verabreichung von leuprorelinhaltigen Depotarzneimitteln.

Eine Überprüfung des PRAC ergab, dass Anwendungsfehler dazu führten, dass einige Patienten unzureichende Mengen ihres Arzneimittels erhielten. Die gemeldeten Fehler umfassten die falsche Verwendung der Nadel oder Spritze, wodurch das Arzneimittel aus der Spritze auslief, sowie die nicht ordnungsgemäße Injektion von Leuprorelin.

Der Ausschuss empfiehlt daher, dass nur medizinisches Fachpersonal, das mit den Zubereitungsschritten leuprorelinhaltiger Depotarzneimittel vertraut ist, diese Arzneimittel zubereiten und den Patienten verabreichen sollte. Patienten sollten diese Arzneimittel nicht selbst zubereiten oder injizieren.

Der Ausschuss gab auch Empfehlungen für bestimmte leuprorelinhaltige Depotarzneimittel ab. Für das Arzneimittel Eligard® sollen die Produktinformationen mit Warnhinweisen aktualisiert werden, dass die Anweisungen für die Zubereitung und Verabreichung strikt zu befolgen und die Patienten zu überwachen sind, falls ein Anwendungsfehler aufgetreten ist. Darüber hinaus muss die Firma, die Eligard® vermarktet, bis Oktober 2021 die bisherige Applikationshilfe durch ein einfacher zu handhabendes Hilfsmittel ersetzen.

Für ein anderes Arzneimittel, Lutrate Depot®, empfahl der PRAC, die Anweisungen zur Anwendung des Arzneimittels und die Verpackung zu überarbeiten, damit diese leichter zu befolgen, und Anweisungen leichter zu finden sind.

Leuprorelinhaltige Depotformulierungen werden zur Behandlung von Prostatakrebs, Brustkrebs, Krankheitsbildern, die das weibliche Fortpflanzungssystem betreffen und verfrühter Pubertät eingesetzt. Mehrere Formulierungen erfordern komplexe Schritte zur Zubereitung der Injektion.

Informationen für Patienten

  • Fehler bei der Anwendung leuprorelinhaltiger Depotarzneimittel (die auf eine lange Wirkungsdauer ausgelegt sind) können deren Wirksamkeit vermindern.
  • Diese Arzneimittel sollten nur von einem Arzt oder einer Pflegekraft zubereitet oder verabreicht werden, die Erfahrung mit der Anwendung dieser Arzneimittel haben. Sie sollten diese Arzneimittel nicht selbst zubereiten oder injizieren.
  • Wenn Sie Bedenken bezüglich Ihrer Behandlung haben, besprechen Sie diese bitte mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

Informationen für Angehörige der Heilberufe

  • Leuprorelinhaltige Depotarzneimittel sollten nur von Angehörigen der Heilberufe zubereitet und verabreicht werden, die mit der Zubereitung und Anwendung vertraut sind. Patienten sollten das Arzneimittel nicht selbst injizieren.
  • Diese Empfehlungen folgen einer Überprüfung von Berichten über Anwendungsfehler bei Depotformulierungen leuprorelinhaltiger Arzneimittel, die zu einer Unterdosierung und mangelnder Wirksamkeit führen könnten.
  • Anwendungsfehler hängen mit der Komplexität des Rekonstitutionsprozesses zusammen, der bei einigen leuprorelinhaltigen Depotformulierungen mehrere Schritte umfasst. Zu den gemeldeten Anwendungsfehlern gehören die falsche Verwendung von Spritze oder Nadel (wodurch das Arzneimittel aus der Spritze ausläuft), eine unzureichende Rekonstitution und eine falsche Injektion des leuprorelinhaltigen Implantats.
  • Für Eligard®, das zur Behandlung von fortgeschrittenem hormonabhängigem Prostatakrebs eingesetzt wird, werden Warnhinweise in die Fachinformation aufgenommen, um die Angehörigen der Heilberufe über Fälle von Anwendungsfehlern zu informieren und sie daran zu erinnern, die Anweisungen für die Zubereitung und Verabreichung des Arzneimittels strikt zu befolgen. Im Falle eines vermuteten oder bekannten Anwendungsfehlers mit dem Arzneimittel sollten die Patienten angemessen überwacht werden.
  • Die Firma, die Eligard® vermarktet, wurde gebeten, die Applikationshilfe so zu modifizieren, dass die hohe Anzahl der Zubereitungsschritte reduziert wird. Diese Modifikation wird etwa 18 Monate dauern.
  • Die Anweisungen zur Anwendung von Lutrate Depot® werden überarbeitet, um sie leichter verständlich zu machen, und die Verpackung wird geändert, um den Zugang zu diesen Anweisungen zu erleichtern.

Ein Rote-Hand-Brief wird zu gegebener Zeit an das medizinische Fachpersonal versendet, das die Arzneimittel abgibt oder verabreicht. Sie werden anschließend auch auf der BfArM-Homepage (deutsche Fassung) und auf der EMA-Website (englische Fassung) veröffentlicht werden.

Mehr über die Arzneimittel

Depotzubereitungen leuprorelinhaltiger Arzneimittel werden unter die Haut oder intramuskulär injiziert und geben den Wirkstoff allmählich über einen Zeitraum von 1 bis 6 Monaten frei. Diese Zubereitungen werden zur Behandlung von Prostatakrebs, Brustkrebs und Krankheitsbildern, die das weibliche Fortpflanzungssystem betreffen (Endometriose und Uterusfibrose) sowie verfrühter Pubertät eingesetzt. Sie umfassen sowohl Implantate als auch Pulver und Lösungsmittel für die Zubereitung von Injektionen.

Leuprorelinhaltige Arzneimittel sind auch zur täglichen Injektion verfügbar. Diese Zubereitungen unterliegen aber nicht der Überprüfung, da keine Berichte zu Medikationsfehlern mit diesen Zubereitungen vorliegen.

Leuprorelinhaltige Arzneimittel sind national zugelassen. Sie werden in vielen Staaten der EU unter zahlreichen Handelsnamen (einschließlich Eligard®, Eliprogel®, Enantone®, Ginecrin®, Lupron®, Lutrate®, Plitrate® und Procren®) in Verkehr gebracht.

Mehr über das Verfahren

Die Überprüfung leuprorelinhaltiger Depotzubereitungen gemäß Art. 31 der RL 2001/83/ EG wurde auf Antrag von Deutschland gestartet.

Die Überprüfung wurde vom PRAC durchgeführt, der für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständig ist und eine Reihe von Empfehlungen abgegeben hat. Da leuprorelinhaltige Arzneimittel alle national zugelassen sind, werden die Empfehlungen des PRAC an die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) weitergeleitet, die dann eine Position abgibt. Die CMDh ist ein Gremium, das die EU-Mitgliedsstaaten einschließlich Island, Lichtenstein und Norwegen vertritt. Sie ist dafür verantwortlich, harmonisierte Sicherheitsstandards für alle Arzneimittel zu gewährleisten, die im Rahmen nationaler Verfahren in Europa zugelassen sind.

14.06.2019 – Start des Verfahrens

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden:

Leuprorelin-containing depot medicinal products