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Eine mitwachsende Kinderherzklappe

Ein Konsortium unter Beteiligung des DHZB entwickelt Herzklappen aus Eigengewebe und will damit die Therapie herzkranker Kinder weltweit verbessern. Das Projekt wird jetzt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Jedes Jahr werden mehr als 1,3 Millionen Kinder auf der Welt mit einem Herzfehler geboren. Knapp 400.000 von ihnen benötigen eine neue Herzklappe. Das Problem: Bisher gibt es keinen Herzklappenersatz für Kinder, der ein Leben lang hält. Das wollen der DHZB-Kinderkardiologe Dr. med. Boris Schmitt und sein Team ändern: Schon seit 2010 forschen sie an lebenslang haltbaren Klappenimplantaten aus Eigengewebe, die schonend und risikoarm eingesetzt werden können. Ihr Projekt „Kinderherzklappe“ wird ab sofort vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für drei Jahre gefördert.

In dem Projekt arbeitet die zehnköpfige, interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppe um Boris Schmitt, die sowohl am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) als auch an der Charité angesiedelt ist, mit dem Leibniz-Forschungsinstitut für molekulare Pharmakologie in Berlin und der Medizintechnikfirma Andramed in Reutlingen zusammen. „Wir wollen Herzklappen herstellen, die individuell auf jede Patientin und jeden Patienten zugeschnitten sind und ein Leben lang halten“, erklärt der Mediziner. Unter dem Namen GrOwnValve – „grown“, weil die Herzklappe aus natürlich in der Patientin bzw. im Patienten gewachsenen, lebendigen  Gewebe hergestellt wird, „own“, weil das Implantat für jede*n Patient*in  körpereigen und spezifisch geformt wird – firmiert das Projekt und auch das Medizintechnikunternehmen, das Boris Schmitt und sein Team vor wenigen Jahren gestartet haben.

Der Kinderkardiologe schildert, wie der Eingriff in Zukunft ablaufen soll: Zunächst werden die Patient*innen per Computertomographie oder Magnetresonanztomographie genau untersucht. Auf Basis dieser hochaufgelösten Bilddaten plant das Team, wann die defekte Herzklappe ausgetauscht werden und wie die neue Klappe beschaffen sein sollte. „Wir wollen der Patientin oder dem Patienten in einem schonenden, minimalinvasiven Eingriff eigenes Gewebe aus dem Herzbeutel entnehmen, das wir direkt während der Operation in eine neue Herzklappe umformen. Diese wird in einen Stent eingenäht und per Katheter implantiert“, erklärt der Arzt. Damit die Klappe tatsächlich mitwachsen und sich anpassen kann, muss sich der Stent im Körper auflösen. „Genau daran arbeiten wir jetzt in dem neuen Forschungsprojekt“, sagt Dr. Schmitt.

Bis der Eingriff wirklich an Kindern durchgeführt werden kann, liegt noch ein langer Weg vor dem Konsortium. „Momentan führen wir unsere Experimente und Implantationen bei Schafen durch“, so Boris Schmitt. „Wir wollen in den nächsten drei Jahren alle Behandlungsschritte und Medizintechnikkomponenten soweit entwickeln, dass wir danach eine klinische Studie mit Kindern starten können“, sagt Boris Schmitt.

Parallel wird das Konsortium auch vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) unterstützt. „Die DZHK-Förderung ermöglicht es uns, bereits im kommenden Jahr eine klinische Studie an Erwachsenden mit angeborenen Pulmonalklappendefekten durchführen zu können“, so der Mediziner. „Diese erste Studie im Menschen wird uns wichtige Erkenntnisse für die später folgende Untersuchung an Kindern liefern.“

Unter dem Thema „Kleine Patienten, großer Bedarf − Medizintechnische Lösungen für eine kindgerechte Gesundheitsversorgung“ fördert das BMBF das Projekt mit insgesamt 2,5 Millionen Euro. „Wir freuen uns, dass das BMBF mit der Förderung speziell die medizinischen Bedürfnisse und Anforderungen der Kinder in den Mittelpunkt stellt“, sagt Boris Schmitt. „Unser Traum ist, herzkranken Kindern auf der ganzen Welt mit unserer Klappe helfen zu können. Wir möchten nicht nur die Therapie in Deutschland verbessern, sondern auch in Schwellen- und Entwicklungsländer mit eingeschränkter medizinischer Versorgung.“