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Forscher entdecken Mechanismus, der für Stoffwechselerkrankungen verantwortlich sein könnte

Kleine Einheiten der Zellen, so genannte Lipid Droplets, galten für lange Zeit als Fettspeicher ohne weitere Funktion. Dass die Tröpfchen jedoch viel mehr können, als nur Fett zu speichern und wieder abzugeben, wurde erst in jüngerer Zeit offenbar. Nun hat ein Forschungsteam entdeckt, dass ein bestimmtes Protein für die Tröpfchen eine besondere Rolle spielt. Dies könnte wichtig für das Verständnis von Stoffwechselerkrankungen sein.

So wie der Stoffwechsel unseres Körpers von einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Organe abhängt, so findet ein solches Zusammenspiel auch in kleinem Maßstab zwischen den sogenannten Organellen in jeder unserer Körperzellen statt. Der zelluläre Fettstoffwechsel zum Beispiel ist ein streng regulierter Prozess, der auf einem ausgeklügelten Zusammenspiel mehrerer Organellen beruht und es Zellen ermöglicht, sich wechselnden Nährstoffangeboten anzupassen. Hierbei spielt die Speicherung von neutralen Fetten in sogenannten Lipid Droplets (Lipidtropfen) eine zentrale Rolle.

Über Jahrzehnte wurden Lipid Droplets als reine Fettspeicher ohne weitere Funktion betrachtet, die vor allem in unseren Fettzellen dazu dienen, große Mengen an Energie zu speichern. In den letzten Jahren erkannte die Wissenschaft aber, dass Lipid Droplets sehr dynamische Organellen sind, die für die korrekte Balance aus Speicherung von Fetten bei hohem Nahrungsangebot und Bereitstellung von Energie und Membranbausteinen bei Mangelangebot essentiell sind. Störungen der Lipid-Droplet-Funktionen stehen in enger Verbindung mit einer Vielzahl von Krankheitsbildern unserer modernen Gesellschaft, wie zum Beispiel Atherosklerose, Fettleibigkeit, nicht-alkoholische Fettleber, Diabetes oder neurodegenerative Erkrankungen.

Wie Lipid Droplets entstehen, wie ihre Funktion reguliert wird und wie sie mit anderen Organellen kommunizieren, ist allerdings noch weitgehend unerforscht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität des Saarlandes, der SRH Hochschule für Gesundheit und der Stanford Universität konnten dieses Rätsel nun ein Stück weit entschlüsseln.

Dabei spielt ein bestimmtes Protein, das sogenannte PEX19, eine zentrale Rolle. Lange Zeit ging die Fachwelt davon aus, dass PEX19 vor allem bei der Bildung der sogenannten Peroxisomen von zentraler Bedeutung sei. Diese Zellorganellen spielen in der Verarbeitung von bestimmten Fettsäuren und Lipidklassen eine Rolle. In einer vor Kurzem veröffentlichten Arbeit konnten die Forscher zeigen, dass PEX19 aber auch eine zusätzliche, von den Peroxisomen unabhängige Rolle im Fettstoffwechsel der Zellen spielt. Dabei entdeckten sie, dass PEX19 für die korrekte Zielsteuerung einiger Proteine zu den Lipid Droplets verantwortlich ist. „PEX19 spielt also neben seiner langen bekannten Aufgabe in der Peroxisomenbildung auch bei der Bildung der Lipid Droplets eine zentrale Rolle“, sagt Juniorprofessorin Dr. Bianca Schrul von der Universität des Saarlandes, die diese Studie gemeinsam mit Professor Dr. Marcus Grimm von der SRH Hochschule für Gesundheit durchgeführt hat.

Eine Fehlfunktion von PEX19 kann daher auch bislang unbekannte gravierende Auswirkungen auf den Fettstoffwechsel haben, die sich in Stoffwechselkrankheiten niederschlagen können. In der Tat beobachteten die Forscher, dass, wenn die Lipid-Droplet-Proteine nicht korrekt an ihren Bestimmungsort gelangen, die Zellen übermäßige Mengen an Neutralfetten in ihren Lipid Droplets speichern und es nicht schaffen, diese Fettspeicher bei Bedarf vollständig zu entleeren. „Diese bisher unerkannte Funktion von PEX19 für den zellulären Fettstoffwechsel liefert wichtige Hinweise darauf, wie verschiedene Organellen innerhalb einer Zelle miteinander kommunizieren müssen, um ihren Stoffwechsel an sich verändernde Bedingungen anzupassen“, führt Marcus Grimm weiter aus.

Der dynamische Auf- und Abbau von Lipid Droplets ist wesentlich für die menschliche Gesundheit, und die Erkenntnisse über detaillierte molekulare Abläufe dieser Mechanismen sind ein wichtiger Schritt, um neue Therapien zur Behandlung von metabolischen Erkrankungen entwickeln zu können.

Die Studie ist im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB1027 Physikalische Modellierung von Nichtgleichgewichtsprozessen in biologischen Systemen entstanden, der seit 2013 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität des Saarlandes gefördert wird.

Originalpublikation:

Lyschik S, Lauer AA., Roth T, Janitschke D, Hollander M, Will T, Hartmann T, Kopito RR, Helms V, Grimm MOW, Schrul B. PEX19 Coordinates Neutral Lipid Storage in Cells in a Peroxisome-Independent Fashion. Frontiers in Cell and Developmental Biology. 2022 April, Volume 10, doi: 10.3389/fcell.2022.859052.

Weitere Informationen:

https://www.frontiersin.org/article/10.3389/fcell.2022.859052