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Premiere in Mitteldeutschland: Erste HyperArc-Bestrahlung am UKJ

Hochdosierte, punktgenaue und gleichzeitige Bestrahlung von 44 Hirnmetastasen

Jena (UKJ/ac). Metastasen im Gehirn treten bei vielen Krebs-Betroffenen im Verlauf der Erkrankung auf. Sie entstehen, wenn sich Tumorzellen vom Ursprungstumor lösen und im Gehirn ansiedeln. Die Behandlung ist anspruchsvoll, da zeitgleich Tumorzellen zerstört und wichtige Hirnfunktionen geschützt werden müssen. Die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Jena (UKJ) hat dafür nun erstmals in Mitteldeutschland die sogenannte HyperArc-Bestrahlung eingesetzt: Das interdisziplinäre Team aus Strahlentherapie und Medizinphysik bestrahlte die 44 Hirnmetastasen eines 63-jährigen Patienten, der an einem aggressiven Lungenkrebs leidet, damit hochdosiert, punktgenau und gleichzeitig. Mit Erfolg: Vier Wochen nach der Behandlung ist der Patient beschwerdefrei, alle Tumoransiedlungen sind deutlich kleiner geworden oder ganz verschwunden.

Aufgrund der hohen Anzahl an Metastasen und einer bereits erfolgten Ganzhirnbestrahlung entschied sich das Jenaer Behandlungsteam bei dem Lungenkrebs-Patienten für die innovative Methode. „Eine erneute Ganzhirnbestrahlung hätte nur mit niedriger Intensität erfolgen können. Die Gefahr, dass nicht alle Tumorzellen zerstört werden, es zu strahlenbedingten Gewebeschäden im Gehirn und damit zu Gedächtnisstörungen kommt, wäre sehr groß. Das möchten wir mit dieser Alternative verhindern“, erklärt PD Dr. Matthias Mäurer, Oberarzt an der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am UKJ.

Bei bisherigen Verfahren konnten meist nur wenige Metastasen pro Sitzung behandelt werden. Der neue Bestrahlungs-Algorithmus ermöglicht nun, deutlich mehr als zehn Tumoransiedlungen zeitgleich in einer einzigen Sitzung mit hohen Einzeldosen zu bestrahlen. Das Verfahren reduziert aufgrund seiner vollautomatisierten Abfolge der einzelnen Behandlungsschritte die Behandlungszeit erheblich. „Aufgrund der Anzahl an Metastasen erfolgte die Bestrahlung unseres Patienten an drei aufeinanderfolgenden Tagen zu je 15 Minuten“, so Matthias Mäurer. Neben der reduzierten Behandlungsdauer liegt ein weiterer Vorteil der Therapie darin, dass gesundes umliegendes Gewebe durch einen sehr starken Dosisabfall bestmöglich geschont wird. Verschiedene Sicherheitssysteme wie eine Oberflächenüberwachung oder der 6D-Bestrahlungstisch, der in alle sechs Dimensionen rotiert, sichern zudem die genaue Ausrichtung von Patienten und Strahlung.

Etwa die Hälfte aller Patientinnen und Patienten mit Hirnmetastasen hat mehr als drei Tumoransiedlungen im Gehirn. „Mit der HyperArc-Bestrahlung eröffnen wir gerade solchen Patientinnen und Patienten eine besonders präzise und effiziente Therapieoption, die die Gedächtnisleistung schont“, erklärt PD Dr. Klaus Pietschmann, kommissarischer Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am UKJ. „Das Verfahren soll zu einem neuen Standard werden und bietet uns zudem die Möglichkeit, weitere Erfahrungen für zukünftige Behandlungsstrategien zu sammeln.“ Deshalb wird am UKJ künftig bei allen Betroffenen mit mehr als zehn Hirnmetastasen geprüft, ob die Behandlung einzelner Tumoransiedlungen, mehrerer gleichzeitig oder aller Metastasen in einer Sitzung am besten geeignet ist.